Vorwissen

Vorwissen stellt einen entscheidenden Faktor für den Lernerfolg dar. Wie gut Lernende neue Inhalte verarbeiten können, hängt wesentlich davon ab, inwieweit sie in der Lage sind, die Informationen assoziativ mit ihrem bestehenden Wissensnetz zu verknüpfen. Dabei sind verschiedene Dimensionen von Wissen zu beachten.

Prozedurales & domänenspezifisches Wissen

Vorwissen bezieht sich nicht nur auf die Lerninhalte selbst (das domänenspezifische Wissen), sondern auch darauf, wie das Lernmaterial möglichst effizient erschlossen werden kann. Dieses prozedurale Wissen fällt beim multimedialen Lernen stärker ins Gewicht, da Lernende hier ihre Arbeit in hohem Maß selbst kontrollieren müssen und sie beim Umgang mit digitalen Medien komplexeren Handlungsoptionen ausgesetzt sind. Diese können ihnen zwar letztlich das Lernen erleichtern, aber zunächst müssen sie verstanden werden.

Angesichts der individuellen Lernmöglichkeiten, die das Internet und digitale Medien eröffnen, muss in Bezug auf die Zielgruppe multimedialer Lernangebote besonders berücksichtigt werden, dass die Eingangsvoraussetzungen der Lernenden tendenziell weiter auseinander klaffen und eine größere Rolle spielen als bei traditionellen Lehrveranstaltungen (Vath et al., 2001).

Medienkompetenz

Beim Einsatz digitaler Medien spielt die Vertrautheit der Teilnehmer mit dem Medium Computer bzw. Internet eine Rolle. Die Medienkompetenz der Lernenden macht sich sowohl in Bezug auf die technische Handhabung als auch auf die inhaltliche Nutzung bemerkbar.

Die individuelle Medienkompetenz wird bereits beansprucht, wenn eine Website angesteuert werden soll und dies setzt sich fort bei der zielführenden Nutzung der Menüoptionen in interaktiven Angeboten. Lernende mit höherem prozeduralen Vorwissen nutzen die angebotenen Informationen besser.

Sollte die Medienkompetenz der Teilnehmenden zu wünschen übrig lassen oder sehr unterschiedlich ausfallen, müssen für Personen mit weniger Erfahrung in der Computernutzung ggf. zusätzliche Einführungsveranstaltungen oder Schulungen vorgesehen werden. Hierbei kann auch auf Angebote zentraler Einrichtungen verwiesen werden. Häufig bietet beispielsweise das Rechenzentrum Fortbildungskurse für Studierende an.

Weitere Informationen bietet die Vertiefung Beratung und Support.

In rein virtuellen Umgebungen und bei Selbstlernangeboten macht sich das Fehlen einer tutoriellen Anleitung insbesondere für Lernende mit geringer Medienkompetenz und fehlendem Vorwissen bemerkbar. Um die Aufmerksamkeit der Lernenden angemessen zu steuern, ist es wichtig, ein Überangebot von Informationen und Reizen zu vermeiden. 

Das Material sollte nicht mit grafischen oder akustischen Anreicherungen überfrachtet werden. Auch die hypertextuelle Aufbereitung erfordert sorgfältige Planung. Auf jeder Ebene des Angebots sollte übersichtlich dargestellt werden, was hier zu finden bzw. zu tun ist. Neue und wichtige Informationen sollten zudem besonders hervorgehoben werden. Weitere Hinweise zur Verlinkung und Strukturierung bietet die Vertiefung Hypertext im Bereich Mediengestaltung.

Die zielgruppengerechte Gestaltung kann teilweise einen beträchtlichen Aufwand bedeuten, andererseits lassen sich sorgfältig strukturierte Angebote anschließend gut für nachfolgende Produktionen adaptieren. Wie Sie hypermediale Angebote planen, erfahren Sie in der Vertiefung Inhalte.

Schließlich gehört auch die Möglichkeit, Fragen zu stellen und in angemessener Zeit eine Antwort zu erhalten für webbasierte Angebote zum Standard. Dabei kann der Aufwand für die Beantwortung reduziert werden, indem in das Angebot eine FAQ-Liste der am häufigsten zu erwartenden Fragen mit entsprechenden Antworten integriert wird.

Beispiel

Eine gute Methode, die Aufmerksamkeit der Lernenden zu steuern, findet sich bei oncampus.de. Lernende, die sich allzu unsystematisch auf der Website im interaktiven Angebot eines Kurses bewegen, erhalten eine Mitteilung: "Vorsicht Lesefalle! Die oberste Regel: Fangen Sie nicht einfach an, etwas zu lesen oder anzusehen, ohne sich vorher eine Strategie überlegt zu haben. Benutzen Sie zur Planung die angebotenen Hilfen: Lernziele und Bearbeitungsdauern."

Lernstrategien

Um in Bezug auf das domänenspezifische Wissen neue Lerninhalte in bestehende Wissensstrukturen zu integrieren, stehen verschiedene Strategien zur Verfügung, z.B.

  • das mehrfache Wiederholen der neuen Informationen,
  • die Verwendung von Beispielen, Metaphern und Analogien,
  • das Ansprechen unterschiedlicher Sinne.

Während die Wiederholung auch im Rahmen des e-Learning weitestgehend den Lernenden vorbehalten ist, können die beiden anderen Hauptstrategien durch die Gestaltung des Angebots unterstützt werden.

Beispiele, Metaphern und Allegorien können bei multimedialen Lernumgebungen vielfältig ausgestaltet werden, indem Dateien mit illustrierenden Inhalten eingefügt oder externe Beispiele per Link eingebunden werden. Fallbezogene Veranschaulichungen sind in vielen Umgebungen fester Bestandteil, etwa bei der Plattform Digital Media for Artists, wo Animationen sowie Video- und Audioaufzeichnungen das Lehrmaterial anschaulich ergänzen. Weitere lernförderliche Aufbereitungshinweise bietet die Vertiefung Textsorten.

Das Ansprechen unterschiedlicher Sinne kann bei der Nutzung digitaler Medien besonders durch audiovisuelle Angebote positive Lerneffekte hervorbringen. Auch Illustrationen können das Interesse am Lerngegenstand erhöhen und zumindest kurzfristig das Behalten unterstützen. Voraussetzung ist ein angemessener und nachvollziehbarer Text-Bild Zusammenhang. Weitere Hinweise zur Einbettung von Audio, Video und Bildern bietet der Bereich Mediengestaltung.

Eingangsvoraussetzungen

Sie sollten sich überlegen, inwieweit die Vorkenntnisse an prozeduralem oder domänenspezifischem Wissen eine Eingangsvoraussetzung für Ihre Lehrveranstaltung darstellen und ggf. den Zugang zur Veranstaltung begrenzen. Sofern Einfluss auf die Zusammensetzung der Zielgruppe besteht, empfiehlt es sich, deren Vorkenntnisse durch einen Einstufungstest zu erheben oder die erforderlichen Vorkenntnisse vorab möglichst präzise zu formulieren. 

Beispiele

  • Im Fremdsprachenunterricht sind Eingangstests weit verbreitet, insbesondere in Form so genannter C-Tests. Ein Beispiel aus dem Bereich Deutsch als Fremdsprache findet sich auf den Seiten des Instituts für Internationale Kommunikation.
  • Die Unterrichtseinheit Behindertengerechter Internet-Auftritt der Technischen Hochschule Zürich hat in ihren Hinweisen für Lehrpersonen (PDF) detaillierte Zugangsvoraussetzungen aufgeführt.

 

Letzte Änderung: 17.06.2015