Bericht Campus Innovation 2011

30.11.2011 | Veranstaltungshinweis

Von 24.-25. November trafen sich unter dem Motto "Change – Hochschulentwicklung zwischen Realität und Vision" im schönen Curio-Haus in Hamburg über 600 E-Learning interessierte Wissenschaftler/innen. Die Veranstaltung fand zum 4. Mal in Kooperation mit dem Konferenztag Studium und Lehre der Universität Hamburg statt. So bot ein Track jeweils die Möglichkeit einen Einblick in die E-Learning-Praxis an der Universität Hamburg zu bekommen.

Eingeleitet wurde die Konferenz von Jens Lattmann (Staatsratder Finanzbehörde Hamburg) und Prof. Dr.Jörg Siekmann, Direktor des CeLTech (Centrum für e-Learning Technology) undDirektor des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz. DerSiebzigjährige lieferte einen der kurzweiligsten Vorträge. Er setzte sichinsbesondere mit der Frage moderner Lernwelten auseinander und stellte dar,dass die Ideen zum Hörsaal der Zukunft oft sehr fantasielos aussehen. Erpräsentierte alternative Modelle, in denen Studierende an runden Tischen miteingelassenen Multitouchscreens arbeiten und ihre Ergebnisse auf interaktiven Wändenpräsentieren können. Er betonte die Dichte der Interactive Whiteboards anHamburger Schulung und dass die Ausstattung - natürlich immer nur inKombination mit gut qualifizierten Lehrkräften - für die Eltern schon alsQualitätskriterium gilt. Zum Thema Lernen - Anytime, Anywhere beschrieb er das LearningCenter in Shanghai, wo in vielen Räumen parallel mittels automatischen KameraTracking Systemen Vorlesungen aufgezeichnet und von 10 000 bis 100 000Studierenden über Handy verfolgt werden. Fragen werden klassifiziert und zum Großteilautomatisch beantwortet.

Der dritter Redner Prof.Dr. Arndt Bode, u.a. Leiter des Leibniz-Rechenzentrums und von 1999–2008 Vizepräsidentund CIO der TU München stellte erst einmal klar, dass er lieber über das ThemaEnergieeffizienz als neues Optimierungskriterium für Hochschul-IT gesprochenhätte. Er beschrieb die Entwicklungsgeschichte der IT Strategie der TU Münchenund betonte u.a. die Bedeutung der Autonomie beim IT-Management. Zumonlinebasierten dialogorientierten Verfahrens zur Vermittlung vonStudienplätzen bemerkt er, dass die Abstimmung mit den Hochschulen bzw.Campusmanagementsystemen unterschätzt wurde.

Prof. Dr. MichaelKerres betonte in seinem Vortrag „LMS revisited“ im Rahmen des erstenTracks eLearning, dass Internetplattformen immer mehr zu sozialen Orten werden,in denen die Nutzer z.B. durch Kommentare erheblich zum Wert beitragen. Als Herausforderungensieht er Lösungen für die Sichtbarmachung von Beiträgen und die Gestaltung vonGruppenbildung in Lerngruppen. Im Projekt Online Campus werden statt Threads inForen alle Diskussionsbeiträge auf einer Seite zusammengeführt. Dies hat dieDiskussion insgesamt angeregt, allerdings wurde die fachliche Diskussiongeringer und die Diskussion insgesamt flüchtiger. Als zentrale Frage in Bezugauf soziale Lernplattform sieht er das Thema Privatheit.

Über Serious Gamesging es im Vortrag von Prof. Dr. Dr.Klaus Peter Jantke vom Fraunhofer IDMT (Institut für DigitaleMedientechnologie). Er betonte, dass mit ziemlich jedem Spiel etwas gelernt werdenkann, es allerdings extrem auf den Kontext ankommt. Zum Thema Spiele alsAuslöser von Gewalttaten stellte er fest, dass davor das „Fass schon sehr vollsein muss“ und dafür viele andere Faktoren eine Rolle spielen; daran müsse manarbeiten. Im Vortrag machte er anschaulich klar, was unter Virtualität undRealität in Spielen zu verstehen ist. Während Häuser, Gebäude und Figurenvirtuell sind, so sind und bleiben z.B. eingebundene Bilder immer real ebensowie die Handlungen die von den Spielern vollzogen werden. So könne man z.B. imSpiel World of Warcraft ganz real Teamarbeit lernen. Mediendidaktik bezeichneteer als „die Kunst des virtuellen Verpackens“. Diese könne Jugendliche dazumotivieren, sich mit realen Kontexten auseinander zu setzen.

PD Dr. Christoph Igel(Centrum für e-Learning Technology) sprach über intelligente tutorielleSysteme. Er ging dabei insbesondere auf das Projekt Math Bridge ein, mit dessen Hilfe Studienanfängern derEinstieg in das Fach Mathematik erleichtert werden soll. Das Angebot wurde alsGemeinschaftsprojekt von neun Universitäten aus sieben Ländern entwickelt. DieLernaufgaben werden individuell generiert und an Vorwissen und z.B. Fachangepasst.

Während die Pauseninsgesamt immer gut bemessen waren und man sich dementsprechend ausgiebigGesprächen und dem leckeren Catering widmen konnte, wurde der Zeitrahmen gegenEnde der Konferenztage immer etwas enger. So schloss sich am ersten Konferenztagunmittelbar an den Nachmittagstrack das Podiumzum Thema „Ist die unternehmerische Hochschule gescheitert?!“ an. Da sichdie Diskutanten einig waren, dass man sich heute über den Begriff „unternehmerischeHochschule“ nicht mehr streiten müsse, kam es auch nicht zu kontroversenDialogen. Diskutiert wurde insbesondere über den Wert und die Aufgaben einesHochschulrats und die Finanzierung des Hochschulsystems. Daran an schloss sichder wohlverdiente Abendempfang mit wie immer guten Snacks und Jazzmusik.

Der Gewinner desWettbewerbs Podcampus wurde am Vormittag des zweiten Tages präsentiert. Gewonnenhat ein Beitrag des Max-Planck-Instituts Bremen „Neues vom Peildeck: Jagd auf heißeQuellen“ (Abzurufen unter http://www.podcampus.de/nodes/4091) Insbesondere dieBegeisterung der Forscher wurde hier gut an die Zuschauer transportiert. Dasführte bei der Jury wohl dazu, die Tonqualität weniger zu berücksichtigen undzeigt, dass die Qualität eines Beitrags weniger von guter Technik abhängt.

Interessant im TrackeLearning am zweiten Tag war vor allem das vom ZMML in Bremen vorgestellteProjekt zu virtuellen fachübergreifenden Veranstaltungen, dort e General Studies genannt. Dabeihandelt es sich um videobasierte Lehrveranstaltungen in denen 3 Creditpointserworben werden können. Die Videos gliedern sich in Vortrags- undInterviewepisoden. In den Interviewepisoden werden insbesondere Fragenbesprochen und beantwortet. Bei den Vortragsepisoden formulieren die Lehrendenzu Beginn Lernziele, zum Ende gibt es für die weiterführende ArbeitÜbungsaufgaben für das Selbststudium. Wenn der Studierende sich reif für diePrüfung fühlt, absolviert er an einem der angebotenen Termine die eKlausur (mehrzum Projekt unter: http://mlecture.uni-bremen.de/egs/).
Für die von Prof. Dr. Peter Baumgartner (Uni Krems) vorgestellte Mustersprache zur Beschreibung u.a. von Szenarien für den Einsatz und die Nutzung von E-Portfolios in der Lehre war eindeutig die Zeit zu knapp. Allerdins lohnt es sich, sich mit dem Pattern-Ansatz etwas näher auseinander zu setzen.  Es bleibt der Hinweis auf ein Buch, das Anfang nächsten Jahres zum Thema erscheinen wird sowie Ausführungen dazu auf seinem Weblog.

Die Preisträgerinnenund Preisträge des Hamburger Lehrpreises konnte man im Rahmen einerPodiumsdiskussion am Freitagnachmittag zum Thema Lehrinnovation näher kennenlernen. Allerdings hätte es der Veranstaltung gut getan, wenn diePreisträger/innen ihre Projekte mit Hilfe von ein paar Folien zu Beginn hättenvorstellen können. So blieben deren Anmerkungen – zumindest, wenn man sichnicht zuvor über die Projekte informiert hatte – etwas unkonkret. Es wurde auchdeutlich, dass jeweils sehr individuelle Motivationen hinter den Lehrprojektenstecken und sich die Erfahrungen nicht so einfach auf andere Lehrprojekteübertragen oder verallgemeinern lassen.

Dieses Jahr kam das Kochstudioim Curio-Haus als neue Räumlichkeit hinzu. Serviert wurden hier verschiedene Workshops u.a. zu den Themen CampusManagement Systeme, ePortfolio sowie Mobile Learning & Ditigal Music. DemSinn einen Kochstudios am besten gerecht wurde das Angebot von Prof. Dr. Granow (onCampus) sich mitihm in lockerer Atmosphäre und bei einem Cocktail zum Thema Lebenslanges Lernen auszutauschen.

Wie letztes Jahr gestaltete Prof. Dr. Rolf Schulmeister den Abschluss der Konferenztage. Unterhaltsamenund kurzweilig setzte er sich kritisch mit der Organisation der Bachelorstudiengängeauseinander. Um eine bessere Studierbarkeit zu erreichen müsse die Dichte derVeranstaltungen und vor allem Prüfungen abnehmen und die Studierenden mehrZeitsouveränität erhalten.

Wenn auch auf der diesjährigen Campus Innovation nicht riesigeInnovationen vorgestellt wurden bzw. werden konnten, so hat sich dieVeranstaltung doch als beliebter und wichtiger Treffpunkt der E-Learning-Communityetabliert.

Alle Vorträge wurden aufgezeichnet. Die Veröffentlichung wird auf der Webseite der Campus Innovation bekannt gegeben.

Diesen und weitere Konferenzberichte finden Sie auf e-teaching.org unter im Bereich Veranstaltungen.


Gepostet von: mschmidt
Kategorie: Veranstaltungshinweis