MOVIE – Medienkompetenzförderung durch studentische Videoproduktion

Ziel des Projekts ist die Förderung von Mediennutzungskompetenz durch die Entwicklung und Produktion von studentischen Erklärvideos in einem bildungswissenschaftlichen Seminar der Goethe-Universität.

Eckdaten

Kann Lösungsansätze für folgende Problemstellungen der Lehre bieten:

  • Geringe Lernmotivation
  • Passivität der Studierenden
  • Geringer Transfer in die Praxis
  • Geringe Kompetenzorientierung in Prüfungs- und Bewertungsformen

Eignet sich für folgende Virtualisierungsgrade:

  • Anreicherung
  • Integration

Nutzt folgende Medieneigenschaften zur Unterstützung des Lernprozesses:

Interaktivität: 4 (trifft eher zu)
Adaptivität: 1 (trifft überhaupt nicht zu)
Synchronizität: 4 (trifft eher zu)
Selbststeuerung: 5 (trifft vollkommen zu)

Der kompetente Umgang mit digitalen Lehr-/Lernmedien wird spätestens seit dem Strategiepapier der KMK (2016) von Lehrkräften erwartet. Das Lehramtsstudium an der Goethe-Universität kommt dieser Forderung u.a. durch das bildungswissenschaftliche Seminar „Mediendidaktik im Kontext Schule“ nach. Dabei ist es die Aufgabe der Studierenden, Erklärvideos zu Seminarthemen nach dem Prinzip Lernen durch Lehren zu produzieren. Studierende  entwickeln dabei in Kleingruppen Fragestellungen und Storyboards und produzieren Prototypen durch ausgewählte Software. Die Begleitung dieses Prozesses erfolgt durch Peer-Reviews, die Video-Präsentation, sowie eine abschließende Reflexion technischer und didaktischer Aspekte. Die Prüfungsleistung ist die Abgabe aller Lernartefakte in einem Portfolio (Storyboard, Reviews, Erklärvideo und Reflexion) zu Semesterende. So bleibt genügend Zeit für die Möglichkeit zur individuellen Umsetzung des Peer-Feedbacks. Gleichzeitig wird die kontinuierliche Mitarbeit im Seminar angeregt.

Weiterhin bietet das Praxis-orientierte Blockseminar den Lehramtsstudierenden die Chance, den Videoerstellungsprozess kennenzulernen, und im Anschluss verschiedene didaktische Szenarien für die Schule zu entwickeln. Die abschließende Reflexion des Mediums Video unterstützt dabei den Erkenntnisgewinn. Nicht zuletzt lernen die Studierenden weitere digitale Tools und Plattformen zur Kollaboration und Kommunikation im Prozess kennen.

Die praktische Arbeit mit videographischem Material, Screencast-Software und verschiedenen Apps motiviert die Studierenden ungemein, wie die Evaluation zeigt. Die anschauliche Vermittlung von Inhalten, Hilfestellung durch Feedback-Schleifen, sowie die Orientierung an Teilnehmerinteressen durch selbstständige Themenwahl werden in vollem Maße befürwortet. Die Motivation im Seminar ist insgesamt sehr hoch, wie die hohe Qualität der abschließend präsentierten Videos zeigte. Nach der Einführungsveranstaltung mit Themenwahl wurden keine Abbrüche verzeichnet.

Medieneigenschaften zur Unterstützung des Lernprozesses

Interaktivität: 4 (trifft eher zu)

Die Interaktivität ist vor allem während der Nutzung der Screencast-Software (Camtasia Studio) sehr hoch. Erst durch die Aufzeichnungen der Studierenden entsteht das videographische Material. Im Anschluss daran wird das Material von Seiten der Studierenden bearbeitet. Dabei können sie beispielsweise Hyperlinks, oder Quiz-Fragen in das Erklärvideo einbauen. Interaktivität wird in diesem Projekt ganz klassisch im Sinne der vielfältigen Möglichkeiten zur Steuerung einer Software (hier u.a. Camtasia) verstanden. Neben der Software Camtasia kommt die Lernplattform OLAT zum Einsatz, die zum Beispiel Kursmaterialien und ein Forum bereitstellt. Darüber hinaus lernen die Studierenden Bildbearbeitungs-Apps und Plattformen zur Kollaboration kennen und nutzen diese (z.B. Etherpad, Tricider, Sozi, u.v.m.). Dabei erschließen sich weitere Umgangsregeln, Sicherheitsaspekte sowie die Fähigkeit zum Umgang mit Problemen technischer Natur.

Synchronizität: 4 (trifft eher zu)

Im Rahmen des Lehrprojekts entstehen durch die Zusammenarbeit in kleinen Projektgruppen von drei Studierenden zahlreiche analoge und digitale Kommunikations- und Kooperationsanlässe, welche die Teamfähigkeit trainieren sollen. Bedingt durch die methodische Verankerung des Mediums Video werden auch Fähigkeiten wie Präsentieren, Sprechen, Körpersprache trainiert und im Team sichtbar gemacht. Studierende lernen speziell die digitalen Kommunikationswerkzeuge und Plattformen zur synchronen Kollaboration (z.B. Etherpad, Tricider, aber auch Sozi, Bildbearbeitungs-Apps, u.v.m.) kennen. Die Entstehung des Storyboards kann beispielsweise durch die gleichzeitige Arbeit in einem Etherpad erfolgen. Besonders aus dem Peer-Review Prozess via Etherpads und Tricider (Abstimmungstool) erschließen sich Umgangsregeln, Kriterien für konstruktives Feedback, Netiquette, u.v.m. Die Erkenntnisse, sowie Lösungsansätze können wiederum mit dem Team und dem Plenum geteilt werden.

Selbststeuerung: 5 (trifft vollkommen zu)

Im Seminar wird ein hohes Maß an Selbststeuerung ermöglicht. Diese beginnt bei der freien Themenwahl aus einer langen Literaturliste zu bildungs- und medientheoretischen Themen. Daraus resultiert die freiwillige und selbstgesteuerte Bildung von Kleingruppen mit selben oder sehr ähnlichen Interessen. Weiterhin können die Studierenden die inhaltliche Gestaltung und Visualisierung ihrer Erklärvideos mitbestimmen. Zwar müssen formelle Rahmenbedingungen zu Umfang, sowie rechtliche Vorgaben zu Bild- und Urheberrechten eingehalten werden, darüber hinaus bleiben aber zahlreiche kreative Möglichkeiten offen. Die Studierenden recherchieren die detaillierten Inhalte der Videos selbstständig, nachdem sie eine mit der Lehrkraft abgestimmte Fragestellung entwickelt haben. Durch den regelmäßigen Abgleich während der vier jeweils ganztägigen Präsenztermine mit mehrwöchigem Abstand konnte ein angemessenes Wechselspiel von selbstgesteuertem Arbeiten und Rückmeldung entstehen. So entstanden schrittweise Storyboard, ein Prototyp, sowie das finale Erklärvideo.

Lösungsansätze für Problemstellungen der Lehre

Für die folgenden Problemstellungen kann das Praxisbeispiel Lösungsansätze bieten:

  • Geringe Lernmotivation:
    Die Studierenden melden einen hohen Grad an Motivation in der Evaluation zurück. Sie empfinden das Seminar als „Persönlich, Motivierend, Spaßig“. Ein weiterer Kommentar lautet: „Macht Spaß und gibt mir neue Werkzeuge und Erfahrungen an die Hand, die ich sicher nochmal verwenden kann.“ Der hohe Praxisbezug und die Sichtbarkeit des Seminar-Ergebnisses in Videoform motiviert die Studierenden zu ihrer insgesamt überdurchschnittlichen Leistung. Auch diejenigen Studierenden ohne Vorerfahrungen im Bereich der Medienproduktion vermerkten einen hohen Wissenszuwachs, und nahmen die verschiedenen synchronen und asynchronen Angebote zur individuellen Hilfestellung gerne an. Auch die Möglichkeit des zunächst wertungsfreien Ausprobierens mit neuen Medien stellt sich als positiver Aspekt heraus.
  • Passivität der Studierenden:
    In dem vorliegenden Szenario wird Passivität von vornherein ausgeschlossen. Das Ziel der Lehrveranstaltung ist die praktische Erprobung verschiedener Tools zur Medienproduktion, sowie das Erreichen von Mediennutzungskompetenz und Reflexionskompetenz in Bezug auf digitale Medien. Da das Seminar in der Präsenz immer wieder „Zwischenergebnisse“ einfordert und diese zwischen den Peers ausgetauscht und begutachtet werden, entsteht eine sehr konstruktive Lernatmosphäre. Dazu tragen die Gruppen als solche, aber auch die einzelnen Gruppenmitglieder im Kleinen bei. Der Vorteil für die Studierenden liegt gleichzeitig auf der Hand: umso mehr und besser das Seminar im Semester vor- und nachbereitet wird, umso weniger Nachbearbeitung fällt in der Prüfungsphase an. Gemäß der Evaluation stimmen 62,5% (n=23) voll und ganz zu, dass sich die meisten Studierenden aktiv an der Lehrveranstaltung beteiligen. Weitere 21,7% stimmen überwiegend zu. Die Arbeit in der Gruppe wird von 95,4% der Studierenden überwiegend oder voll und ganz als effizient eingeordnet (n=22). Der gleiche Anteil sprach sich dafür aus, dass sich jedes Mitglied der eigenen Gruppe eingebracht hat. Alle Studierenden bewerten die Arbeit in der Gruppe als sinnvoll zur Erarbeitung der gewählten Inhalte (n=22).
  • Geringer Transfer in die Praxis:
    Durch den praktischen Erstellungsprozess von Erklärvideos erreicht das Seminar eine sehr hohe Praxisrelevanz, während der gleichzeitigen Erarbeitung theoretischer Konzepte. Die verschiedenen lernpsychologischen Grundlagen zum Lernen und Lehren mit Multimedia finden in Videoform direkte Anwendung. Gleichzeitig erfolgt die Förderung der Mediennutzungskompetenz und die Arbeit an didaktischen Einsatzszenarien. Diese werden vor dem Hintergrund der Berufspraxis reflektiert und kritisch diskutiert. Daher steht nicht nur der Technik im Fokus, sondern der ganz konkrete Einsatz von Videos durch Lehrkräfte, aber beispielsweise auch durch die Schülerinnen und Schüler. Das Portfolio insgesamt fördert also den bewussten und konstruktiven Umgang mit digitalen Tools und Medien im Lehrerberuf. Dank der Videopräsentationen bleiben die Ergebnisse langfristig sichtbar und sind für Folgeseminare, weitere Workshops, oder Weiterbildungen nutzbar. Gleichzeitig können die Studierenden die entstandenen Erklärvideos im Referendariat oder an der Schule weiter nutzen, teilen und/oder bearbeiten.
  • Geringe Kompetenzorientierung in Prüfungs- und Bewertungsformen:
    Ein Portfolio als Modulprüfung prüft mehr als nur „Wissen“ oder „Verstehen“, sondern vielmehr die Handlungskompetenzen im Umgang mit digitalen Medien und Software. Daher werden im Portfolio zum Beispiel allgemeine Medienkompetenz, sowie Mediennutzungskompetenzen geprüft. Daneben werden Teamfähigkeit und andere soziale Kompetenzen im Bereich Kommunikation und Präsentieren erwartet. Nicht zuletzt ist der didaktisch reflektierte, kritische Umgang mit Medien Teil der Prüfungsleistung. Darüber hinaus werden Selbstkompetenzen geprüft, die beispielsweise durch den Umgang mit unbekannten, technischen Herausforderungen und deren Lösung sichtbar werden.

Virtualisierungsgrad

Der Virtualisierungsgrad beschreibt das Verhältnis zwischen Präsenz- und virtuellen Phasen. Das Praxisbeispiel unterstützt die folgenden Virtualisierungsgrade:

  • Anreicherung
  • Integration

Ressourcen

Soft- und Hardware

  • Camtasia Studio, 12 ausleihbare Laptops mit der Software, W-Lan im Seminarraum, OLAT als Lernplattform, Etherpad, Tricider, Padlet, Sozi, verschiedene Bildbearbeitungsapps (Zoom, Comics & Co)

Weitere Informationen zum Praxisbeispiel

Kontakt

Sie möchten mehr über das Praxisbeispiel erfahren? Hier können Sie Kontakt zu den Autorinnen und Autoren aufnehmen:

Natalie Kiesler, M.A. 
Goethe-Universität Frankfurt, Akademie für Bildungsforschung und Lehrerbildung
Senckenberganlage 31-33
D - 60325 Frankfurt am Main
Mail: Mail: kiesler@em.uni-frankfurt.de
Home: http://www.starkerstart.uni-frankfurt.de/70926714/Natalie_Kiesler