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In Deutschland hat die Nutzung des Internet in den letzten Jahren stetig zugenommen. Dem D21-Digital-Index 2017/2018 zufolge sind mittlerweile 81% und damit vier von fünf Deutschen online - bei der ersten Erhebung im Jahr 1997 waren es 6,5%. Dennoch bestehen abhängig von Bildungsgrad, Geschlecht, Alter und Berufstätigkeit nach wie vor Unterschiede in der Internetnutzung (ebd., 11 f.). Auch der sog. "Digitalisierungsgrad", der sich aus den Komponenten Kompetenz, Nutzung, Zugang und Offenheit zusammensetzt, fällt bei den verschiedenen Personengruppen unterschiedlich aus. So ist dieser zwar bei bei älteren Menschen und Personen mit niedrigem Bildungsabschluss in den letzten Jahren gestiegen, insgesamt aber immer noch deutlich geringer als bei jüngeren Menschen und Personen mit hohem Bildungsabschluss. Ebenso ist der Digitalisierungsgrad von Männern höher als der von Frauen (ebd. , 30 f.). Gerade beim Einsatz neuer Medien im Bildungsbereich sollte darauf geachtet werden, diese unterschiedlichen Voraussetzungen der Lernenden zu berücksichtigen.
Ziele von Gender Mainstreaming sind die Sicherstellung von Chancengleichheit, die Erhöhung des Anteils von Frauen bzw. Männern in Bereichen, in denen sie unterrepräsentiert sind sowie die optimale Nutzung weiblicher und männlicher Besonderheiten. Bereits in frühen E-Learning-Förderprogrammen war die Berücksichtigung der Geschlechterperspektive Förderkriterium und richtete sich z.B. auf eine zielgruppenorientierte Konzeption, die Erhöhung des Anteils von Studienanfängerinnen und die Verminderung der hohen Quote von Studienabbrecherinnen (Jelitto 2004, 1; Schinzel & Ruiz Ben 2002). Trotz der sukzessiven Angleichung zwischen den Geschlechtern bei der Häufigkeit der Internetnutzung bleibt es wichtig, alle Maßnahmen und Programme im Bereich des E-Learning weiterhin auf ihre potentielle Wirkung für beide Geschlechter zu überprüfen und so zu realisieren, dass sie zur gleichen Teilhabe beitragen – denn Unterschiede gibt es weiterhin.
Verschiedene Studien zeigen, dass zwar in der Regel keine geschlechtsspezifischen Differenzen in Bezug auf die individuelle Nutzung, Akzeptanz und Häufigkeit der Anwendung von E-Learning-Angeboten an Hochschulen (Kleinmann & Wannemacher 2005) bestehen und dass männliche und weibliche Studierende gleichermaßen zur Nutzung von (verpflichtenden) E-Learning-Tools motiviert werden können (Dečman 2015, 279). Projekte wie "Das aufwändige Geschlecht" haben außerdem gezeigt, dass die "Veralltäglichung" der Nutzung digitaler Medien im Studium auch zu einem "Degendering" beiträgt und "diese Technologie folglich in ihrer Alltäglichkeit nicht mehr dazu genutzt wird, das Geschlecht zu performieren" (Holthausen u.a. 2012, 145). In anderen Bereichen gibt es jedoch durchaus Unterschiede. So zeigen mehrere Untersuchungen, dass Frauen nach wie vor ihre eigene Medienkompetenz geringer einschätzen als Männer (Haubner u.a. 2009, 47 f., Pannerale & Kammerl 2007, 70 f.; D21-Digital-Index 2017/2018, 22 f.). Zudem ist ihr Kenntnisstand zu und Verständnis von Begriffen rund um die Themen Digitalisierung und Internet geringer als der von Männern (ebd., 21) und es bestehen unterschiedliche Vorlieben in Bezug auf Lernwege, Aufgabentypen, Gestaltung von Lernmaterialien, Kommunikationsformen u.a.m. Noch im Jahr 2007 ergaben zwei Studien, dass auch im deutschsprachigen Raum Frauen einen eingeschränkteren Internetzugang haben als Männer und seltener einen eigenen Computer besitzen oder seltener Zugang zu einem Rechner sowie zu einem eigenen Internetanschluss haben (Arrenberg & Kowalski 2007, 23; Pannerale & Kammerl 2007); mit der zunehmenden Bedeutung mobiler Geräte, insbesondere Smartphones hat sich diese Situation jedoch möglicherweise inzwischen geändert.
Vor diesem Hintergrund bleibt es weiterhin wichtig, alle Maßnahmen und Programme im Bereich des E-Learning auf ihre potentielle Wirkung für beide Geschlechter zu überprüfen und so zu realisieren, dass sie zur gleichen Teilhabe beitragen. Gender Mainstreaming im E-Learning bezieht sich entsprechend auf die Nutzung und Gestaltung der Technik(-kultur), die didaktische Konzeption von Lernszenarien, die Aufbereitung von Inhalten, den Sprachgebrauch, die Durchführung, die Betreuung und die Kommunikation zwischen Lehrenden und Studierenden sowie die Evaluation. Ein weiterer wichtiger Faktor ist außerdem das Projekt- und Hochschulmanagement. Praktische Gestaltungshinweise sind unten auf dieser Seite zusammengestellt.
Das Bewusstsein dafür, dass das Lernverhalten und der Lernerfolg, außer durch den Faktor Geschlecht, durch weitere relevante Unterschiede zwischen Lernenden beeinflusst werden, wächst erst seit wenigen Jahren. Dabei nimmt die Heterogenität der Studierenden deutlich zu und ist von wachsender Bedeutung: Inzwischen entsprechen 38% der Studierenden nicht mehr den Kategorien, die in der 20. Sozialerhebungsstudie des Studentenwerks als Kriterien für „Normalstudierende“ definiert wurden (Vedder 2015, 75). Hierunter fallen Studierende mit niedriger Bildungsherkunft, mit Migrationshintergrund und aus anderen Ländern, mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen, mit Familienverpflichtungen sowie ein großer Teil von (teilzeit-) berufstätigen Studierenden.
Vor diesem Hintergrund entstand u.a. das Förderprogramm "Ungleich besser! Verschiedenheit als Chance". Ziel dieses vom Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft gemeinsam mit der CHE Consult getragenen, von 2010 bis 2012 geförderten Programms war es, gemeinsam mit acht (unter 58 Bewerbern) ausgewählten Hochschulen Strategien und konkrete Maßnahmen zu entwickeln, wie mit Diversität im Alltag produktiv umgegangen werden kann. Als Ergebnis wurde eine auf der Webseite zur Verfügung stehende Publikation veröffentlicht (de Ridder & Jorzik 2012), die Hochschulen ermutigen will, das Auditierungsverfahren "Vielfalt gestalten" zu durchlaufen bzw. die mit ein einer heterogenen Studierendenschaft verbundenen Herausforderungen anzunehmen und eine auf das jeweilige Hochschulprofil abgestimmte diversitätsorientierte Hochschulkultur zu schaffen.
Auch im Bund-Länder-Programm Qualitätspakt Lehre (QPL), für das zwischen 2011 und 2020 insgesamt zwei Milliarden Euro für Hochschulen in allen 16 Bundesländern zur Verfügung stehen, ist die Diversität der Studierenden ein zentrales Thema. Dabei werden insbesondere die Integration von Studierenden verschiedener Kulturen und Herkunftsländer sowie die Studieneingangsphase und die vielfältigen Startvoraussetzungen und Vorkenntnisse von Studienanfängerinnen und -anfängern in den Fokus gerückt.
Aber auch darüber hinaus wird inzwischen der Vielfalt der Studierenden an vielen Stellen mithilfe des Konzepts des Diversity-Management begegnet, bei dem es nicht nur um die Vermeidung von Diskriminierung, den Ausgleich von Nachteilen oder eine "Vereinheitlichung" von unterschiedlichen Voraussetzungen geht. Ein wichtiges Ziel ist auch, die Vielfalt der Lernenden als wichtige Ressource anzuerkennen und zu bewahren. Mittlerweile ist das Diversity Management auf vielfältige Weise an deutschen Hochschulen institutionell verankert (Rump et al. 2017).
Ein erster Schritt ist, dass Lehrende ein grundlegendes Bewusstsein für Gender- und Diversitätsfragen entwickeln sollten, da dies die „primäre Grundlage für eine gender- und diversitygerechte E-Learning-Gestaltung“ darstellt (Rahdes 2017, 141). Möglichkeiten zur Erweiterung der eigenen Gender- und Diversitätskompetenzen bieten u.a.
Auch wenn sich in der Internetnutzung eine sukzessive Angleichung zwischen den Geschlechtern abzeichnet, bleibt es eine dauerhafte Aufgabe bei der Konzeption und Durchführung von Bildungsangeboten, Aspekte des Gender Mainstreaming zu berücksichtigen: Alle Maßnahmen und Programme sollten auf ihre potentielle Wirkung für beide Geschlechter überprüft und so realisiert werden, dass sie zur gleichen Teilhabe beitragen. Gleiches gilt für die Diversität der Lernenden, deren Vielfalt in Bezug auf unterschiedlichste Merkmale erkannt und berücksichtigt sowie in ihrer Heterogenität anerkannt und erhalten werden sollte.
D21-Digital-Index 2017/2018: https://initiatived21.de/publikationen/d21-digital-index-2017-2018/
Gender Mainstreaming: https://www.e-teaching.org/glossar/gender-mainstreaming
Jelitto 2004: http://www.fernuni-hagen.de/imperia/md/content/fakultaetfuermathematikundinformatik/forschung/berichteetit/forschungsbericht_1_2003.pdf
Schinzel & Ruiz Ben 2002: http://mod.iig.uni-freiburg.de/cms/fileadmin/publikationen/users/schinzel/publikationen/Info+Gesell/PS/BMBFGenderNM.pdf
Kleinmann & Wannemacher 2005: http://www.his.de/pdf/pub_kib/kib200504.pdf
Dečman 2015: https://www.e-teaching.org/didaktik/konzeption/gender/resolveuid/3bc2739e2d23451ea944fdc4c265d81f
Das aufwändige Geschlecht: https://cewswiki.gesis.org/wiki/Das_aufw%C3%A4ndige_Geschlecht
Holthausen u.a. 2012: http://www.budrich-journals.de/index.php/gender/article/view/17919
Haubner u.a. 2009: https://www.e-teaching.org/literatur/haubner_etal_2009
Pannerale & Kammerl 2007: http://www.mdkk.uni-passau.de/fileadmin/01_intelec_daten/05_online_publikationen/Pannarale_Kammerl_Onlinebefragung_SoSe2006.pdf
D21-Digital-Index 2017/2018: https://initiatived21.de/publikationen/d21-digital-index-2017-2018/
Arrenberg & Kowalski 2007: http://fh-koeln.arrenberg.com/pdf/gender-artikel-formatiert.pdf
Pannerale & Kammerl 2007: https://cris.fau.de/converis/publicweb/publication/1066458?lang=2
Projekt- und Hochschulmanagement: https://www.e-teaching.org/projekt/personal/gendermainstreaming/
Vedder 2015: https://www.e-teaching.org/didaktik/konzeption/gender/resolveuid/8bf1d90d6fdf4125b5e81ad4c265d04c
"Ungleich besser! Verschiedenheit als Chance": https://www.stifterverband.org/medien/vielfalt-gestalten
de Ridder & Jorzik 2012: https://www.e-teaching.org/didaktik/konzeption/gender/resolveuid/b45342af990747c18c40ca7d692f3c2d
Auditierungsverfahren "Vielfalt gestalten": https://www.stifterverband.org/diversity-audit
Qualitätspakt Lehre (QPL): http://www.qualitaetspakt-lehre.de/
Diversity-Management: http://www.gender-mainstreaming.net/gm/Wissensnetz/ziele,did=16586.html
Rump et al. 2017: https://www.e-teaching.org/didaktik/konzeption/gender/resolveuid/8ec866742aaf47fc899724e01e3b4121
Rahdes 2017: https://www.e-teaching.org/didaktik/konzeption/gender/resolveuid/24613cc8db1c4a248c9ebe37fff257fc
Schulmeister 2004: https://www.e-teaching.org/didaktik/konzeption/gender/resolveuid/de21df8619bc43e68ac82eebab0ae199
Wiesner, 2008: https://www.e-teaching.org/praxis/erfahrungsberichte/wiesner-wiki
DiVers: http://divers.uni-koeln.de/index.html
Equal+: https://elearning.unifr.ch/equal/de/home
barrierefrei: https://www.e-teaching.org/didaktik/konzeption/barrierefreiheit/
Toolbox Gender and Diversity in der Lehre: http://www.genderdiversitylehre.fu-berlin.de/toolbox/index.html
Jelitto 2004: http://www.fernuni-hagen.de/imperia/md/content/fakultaetfuermathematikundinformatik/forschung/berichteetit/forschungsbericht_1_2003.pdf
Jelitto 2004: http://www.fernuni-hagen.de/imperia/md/content/fakultaetfuermathematikundinformatik/forschung/berichteetit/forschungsbericht_1_2003.pdf
"Impulse zu Gender und Diversity im e-Learning": http://www.fh-campuswien.ac.at/service_einrichtungen/gender___diversity_management/publikationen/
Gender & Diversity Management: http://www.fh-campuswien.ac.at/service_einrichtungen/gender___diversity_management/
Genderaspekte im e-Teaching: http://othes.univie.ac.at/6199/1/2009-07-06_9202126.pdf
Gender-Portal: http://www.uni-due.de/genderportal/index.shtml
Hier: http://www.uni-due.de/genderportal/lehre_e-learning.shtml
Synergie: https://www.synergie.uni-hamburg.de/
Vielfalt als Chance: https://www.synergie.uni-hamburg.de/de/media/ausgabe01/synergie01.pdf
Toolbox Gender und Diversity in der Lehre: http://www.genderdiversitylehre.fu-berlin.de/toolbox/index.html
DiVers: http://divers.uni-koeln.de/index.html
Equal+: https://elearning.unifr.ch/equal/de/home
Metz-Göckel et al. 2004: https://www.e-teaching.org/didaktik/konzeption/gender/resolveuid/b8905640137c4c77b2daa78b6c09cb29
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Gleichstellung: https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/themen/gleichstellung
e-teaching.org (2018). Gender Mainstreaming und Diversity im E-Learning. Zuletzt geändert am 03.05.2018. Leibniz-Institut für Wissensmedien: https://www.e-teaching.org/didaktik/konzeption/gender/index_html. Zugriff am 28.05.2022