Konferenzbericht: Jahrestagung 2016 der Gesellschaft für Hochschulforschung in München

Die diesjährige Jahrestagung der Gesellschaft für Hochschulforschung (GfHf), die vom Bayerischen Staatsinstitut für Hochschulforschung und Hochschulplanung (IHF) vom 6. bis 8. April in München ausgerichtet wurde, beschäftigte sich mit „Governance“, also mit Forschung zu Steuerungs- und Koordinationsmechanismen an Hochschulen. Die zahlreichen Kurzvorträge und Keynotes thematisierten dabei sowohl Formen der staatlichen (Außen-)Steuerung von Hochschulen, als auch Fragen der Selbststeuerung und -organisation.

Ein Bericht von Philip Meyer, e-teaching.org

Besonders in den Fokus rückte der zunehmende Wettbewerb zwischen Hochschulen und dessen Auswirkungen. So beschrieb etwa Prof. Dr. Georg Krücken (Vorstandsvorsitzender der GfHf, INCHER der Universität Kassel) in seiner Keynote, wie sich die wettbewerbliche Ausrichtung von Hochschulen in­nerhalb der letzten fünf Jahre in einer zahlenmäßi­gen Zunahme an formalen Organisationsstrukturen manifestiert hat, z.B. in Stellen im Wis­senstransfer, -management und in der Qualitätssicherung.

In einer weiteren Keynote sprach Dr. Dagmar Simon (Wissenschaftszentrum Berlin für Sozial­forschung) über die veränderten Ansprüche zwischen Kooperation und Steuerung, mit denen insbesondere die Hochschulleitungen heutzutage konfrontiert sind. Sie konnte anhand quali­tativer empirischer Forschung drei verschiedene Typen von Hochschulleitenden feststellen: Zu allererst den „Traditionalisten“, der eine Abneigung gegenüber Top-Down-Entscheidungspro­zessen verspürt und vor allem daran interessiert ist, die Interessen aller Lehrstühle und Fakul­täten – weitgehend ohne eigene Impulse – auszutarieren. Des Weiteren den „Gestalter“, der sich zwar sprachlich für die Initiierung von Veränderungs- und Verstehensprozessen aus­spricht, diese jedoch kaum mit konkreten Maßnahmen hinterlegt, sowie zu guter Letzt den „Macher“, der klare Themenfokusse setzt und managerielle Prozesse bewusst implementiert. Es ließ sich insgesamt also feststellen, dass Profilierungsgedanken kaum in den Köpfen der leitenden Wissenschaftler/innen präsent sind. Ähnliches gilt vor allem an Universitäten auch für die Kommunikation nach innen, wie Prof. Dr. Yvette Hofmann (IHF & LMU München) in ihrem Vortrag zum Informationsverhalten von Professor/innen konstatierte. So fühlten sich Universitätsprofessor/innen schlechter über Prozesse auf Leitungsebene informiert als ihre Kolleg/innen von z.B. Fach- oder Musikhochschulen. Die gut besuchte Tagung widmete sich neben der Forschung zur Leitungsebene und Qualitätssicherung auch in besonderem Maße der „Third Mission“ von Hochschulen, die eng verknüpft mit Fragen der wissenschaftlichen Weiterbildung und der Bedarfsidentifizierung durch externe Akteure diskutiert wurde.

Im Laufe der Tagung teilte der GfHf-Vorstand mit, dass der Themenschwerpunkt im kommen­den Jahr auf Fragen der Digitalisierung liegen und das Deutsche Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW) in Hannover der Ausrichter sein wird. Das Thema Digi­talisierung war bei der Eröffnung der diesjährigen Tagung als eine der vier hochschulpoliti­schen Kernherausforderungen des EFI-Gutachtens von 2016 genannt worden, wurde dann allerdings im Tagungsverlauf seltener angesprochen. Ein Vortrag von Wiebke Wendler (TU München) beschäftigte sich aus psychologischer Perspektive mit der Technologieakzeptanz durch Studierende. Diese ließ sich auf Grundlage der vorgestellten Ergebnisse weniger aus der Technologieeinführung durch Dozierende ableiten, sondern war ihrer Untersuchung nach primär von individuellen Dispositionen der Studierenden abhängig. Steffen Zierold, Peggy Trautwein und Kollegen (HoF Halle-Wittenberg) stellten in einem weiteren Vortrag dar, inwie­fern Campus-Management-Systeme an Hochschulen als „problemproduzierende Problem­löser“ fungieren. Sie identifizierten ein zu komplexes „elektronisches Hochschulökosystem“, bestehend aus z.B. Noten-, Raum- Prüfungs- und Veranstaltungsmanagementsystemen, als kontraproduktiv für die Arbeitszufriedenheit der Lehrenden. In ihrem Fazit machten sie zwar auch die Vorzüge des elektronischen Managements deutlich, sprachen sich allerdings insge­samt für eine Aufwandsreduktion und Integration möglichst vieler Systeme aus. Bei den Pos­terpräsentationen widmete sich Konstatin Schultes (Universität Hamburg) der Weiternutzung praktischer Erkenntnisse aus dem Bereich der – auch mediengestützten – Lehre. Der von ihm vorgestellte „Pattern-Pool P2T“ dient als Sammlung hochschuldidaktischer Entwurfsmuster, die in Workshops von Lehrenden entwickelt werden und aufzeigen, wie das Ziel einer Steigerung der Studierfähigkeit erreicht werden kann. Nach der Implementierung und Beforschung des Pattern-Werkzeugs an der Universität Hamburg ist auch eine Ausweitung auf zusätzliche Hoch­schulen denkbar.

Auf der Webseite der GfHf sind fotografische Eindrücke von der Konferenz dokumentiert. Weitere interessante Rückblicke auf Veranstaltungen finden Sie in der Portalrubrik Konferenzberichte