Standortübergreifende Hybridseminare an der FernUniversität in Hagen

27.02.2023: An der FernUniversität in Hagen wird bereits seit rund zehn Jahren ein Format der hybriden Lehre angeboten, das Studierende an unterschiedlichen Orten synchron miteinander verbindet. Dr. Claudia Grüner, seit 2009 Dozentin an der FernUniversität, gab dem e-teaching.org-Team in einem Interview Einblick in die Gestaltung des standort-übergreifenden Hybridseminars. Ihre Erfahrungen sind im folgenden Praxisbericht zusammengefasst.

Bildbeschreibung (1 - 3 Wörter)
Quelle: Wikimedia Commons (Bearbeitung: Claudia Grüner)

Im Bachelorstudiengang „Bildungswissenschaft“ am Lehrgebiet „Bildungstheorie und Medienpädagogik“ der FernUniversität werden in einem standortübergreifenden Hybridseminar bildungswissenschaftliche Grundlagen vermittelt. Am Hauptstandort in Hagen und in zwei bis maximal vier Campusstandorten (vormals „Regionalzentren“) der FernUniversität sind in dieser Lehrveranstaltung studentische Arbeitsgruppen versammelt und über eine Videokonferenz miteinander verbunden. Arbeitsphasen innerhalb der einzelnen Gruppen vor Ort wechseln sich mit Phasen des Austauschs und der Diskussion im Online-Plenum ab. Meist umfassen die einzelnen studentischen Gruppen 20-25 Teilnehmende, wobei am Hauptstandort auch teilweise deutlich größere Gruppen von bis zu 80 Studierenden versammelt sind.

Ablauf des Hybridseminars

Die jeweiligen Dozentinnen bzw. Dozenten befinden sich in der Regel bei der studentischen Arbeitsgruppe am Hauptstandort in Hagen. An den beteiligten Campusstandorten ist eine Person vor Ort, die mit der Technik vertraut ist, z. B. eine studentische Hilfskraft. Teilweise werden die studentischen Arbeitsgruppen an den Campusstandorten auch inhaltlich durch eine Tutorin bzw. einen Tutor betreut.

Die standortübergreifenden Hybridseminare sind als vierstündige Block-Veranstaltungen konzipiert. Der größte Zeitanteil ist für Vorträge im Online-Plenum und den standortübergreifenden Austausch reserviert. Für Gruppenarbeiten an den einzelnen Standorten sind in der Regel 45 Minuten eingeplant. Die Ergebnisse der Gruppenarbeiten werden im digitalen Raum standortübergreifendend präsentiert (z. B. mit PowerPoint-Präsentationen). Um die Zusammenarbeit lebendig zu gestalten, werden während des Online-Plenums außerdem kleinere interaktive Elemente wie Quizze oder Kreuzworträtsel eingebaut.

Dieses Seminarformat wird seit 2013 angeboten und seit 2019 in eigens für diese Form der hybriden Lehre ausgestatteten Hybridmeeting-Räumen umgesetzt – allerdings unterbrochen durch die Phase der pandemiebedingten vollständigen Umstellung auf Online-Lehre. Hybridmeeting-Räume wurden am Hauptstandort und an allen Campusstandorten, über die die FernUniversität in Deutschland verfügt, eingerichtet. In diesen Räumen ist die erforderliche Audio-Video-Technik vollständig vorinstalliert. Neben Hand- und Deckenmikrofonen sowie Kameras gehören digitale Whiteboards zur Ausstattung. Nach einer technischen Einführung können die Dozierenden die Hybridmeeting-Räume nutzen, ohne auf einen zusätzlichen Support angewiesen zu sein. Die standortübergreifende Zusammenarbeit erfolgte lange über das Webkonferenzsystem Adobe Connect, mittlerweile wird fast ausschließlich ZOOM verwendet. Auf der Lernplattform Moodle können bereits im Vorfeld des Seminars inhaltliche und organisatorische Fragen gestellt werden.

Den Studierenden der Bildungswissenschaft bietet dieses Lehrformat die Möglichkeit, die Erfahrung des hybriden Lehrsettings mit der theoretischen Reflexion und wissenschaftlichen Betrachtung von Bildungsprozessen unter Digitalisierungsbedingungen zu verknüpfen. 

Einen lebendigen Lernraum gestalten

Standortübergreifende Hybridseminare können das Angebot von Präsenzhochschulen erweitern, indem beispielsweise Dozierende unterschiedlicher Hochschulen gemeinsam eine synchrone Lehrveranstaltung gestalten, bei der es sowohl Arbeitsphasen im Online-Plenum als auch innerhalb der Seminargruppen an den einzelnen beteiligten Hochschulen gibt. An der FernUniversität spielt dieses Format eine wichtige Rolle, um die Zugehörigkeiten zur Hochschule und die Gemeinschaft mit den anderen Studierenden, zumindest punktuell, auch physisch zu erleben.

Im Gespräch mit e-teaching.org erklärte die Dozentin Claudia Grüner, dass auch für das Lernen an der FernUniversität persönliche Begegnungen und Arbeitsphasen an einem gemeinsamen Lernort von Bedeutung sind. Dies betreffe insbesondere die Zusammenarbeit in Lerngruppen, „also das Informelle, das Austauschen, das gemeinsame Arbeiten an einem Text, sich gegenseitig Impulse geben bei der Textbearbeitung“.

Als Herausforderung für die Lehrenden beschrieb sie – neben den technischen Problemen, die vor allem in den ersten Jahren der Hybridseminare auftraten – die gleichberechtigte Einbindung aller beteiligten Standorte im Online-Plenum:

„In den Diskussionen hat man schon manchmal gemerkt, dass der Schwerpunkt etwas mehr auf das Plenum in Hagen kippte, weil wir als Dozierende dort eben direkt vor Ort waren. Da mussten wir schon immer mal wieder nachbessern, um auch die Regionalzentren in die Diskussion zu holen. Die dortigen Gruppen haben sich eher schon mal zurückgezogen und sich vielleicht etwas weniger aktiv eingebracht.“

Was die Seminarplanung anbelangt, hat es sich nach Claudia Grüners Erfahrung bewährt, eine klare Struktur für den Ablauf vorzugeben und für die Gruppenarbeiten an den einzelnen Standorten einen Zeitrahmen von maximal einer Stunde anzusetzen, damit genug Raum für Austausch und Interaktion zwischen allen Beteiligten besteht. Denn letztendlich gehe es auch darum, ein Gemeinschaftsgefühl und einen gemeinsamen Lernraum zu schaffen: 

„Ich glaube, dieses Gefühl ist auch sehr wichtig, miteinander in einem Raum zu sein, dass die unterschiedlichen Räume in gewisser Weise miteinander verschmelzen. Das war bei unseren ersten Seminaren teilweise ein Problem. Man hatte, wenn man die anderen Standorte sah, teilweise wirklich das Gefühl: ‚Das ist eigentlich ein Fernsehbild.‘ Und das hat sich dann geändert, sobald es mehr Interaktion gab. Aber das finde ich noch einmal wichtig zu betonen, dass es auch um eine soziale Qualität geht und das Gefühl: ‚Es ist unser gemeinsamer Raum.‘“ 

Zur Interviewpartnerin

Dr. Claudia Grüner ist seit 2009 als Dozentin an der FernUniversität in Hagen tätig, aktuell als Lehrkraft für besondere Aufgaben am Lehrgebiet „Bildungstheorie und Medienpädagogik“.

Weitere Portalinhalte zu diesem Praxisbeispiel

Weitere Informationen zu den Hybridseminaren am Institut für Bildungswissenschaft und Medienforschung der FernUniversität in Hagen finden Sie in unserer Digital Learning Map. Zur Gestaltung Standortübergreifender Hybridseminare und zur Ausstattung eines Hybriden Video-Seminarraums sind auf e-teaching.org außerdem Entwurfsmuster im Repositorium Hybride Lernräume verfügbar. In dieser Sammlung stellen wir Ihnen kleine, aber auch umfassendere Lösungen für die Gestaltung hybrider Lernräume in der Hochschullehre vor. Gestaltungselemente werden dabei jeweils detailliert erläutert und anhand von Beispielen veranschaulicht.

Weitere Informationen

Dieser Erfahrungsbericht ist Teil des Themenspecials Hybride Lernräume.