Konferenzbericht ALTC-C 2012

ALT-C 2012: A Confrontation with Reality, vom 11. bis zum 13. September 2012 in Manchester


Zur diesjährigen ALT-C kamen vom 10. bis 13. September über 500 Teilnehmer aus 22 Ländern an der University of Manchester zusammen; die deutschsprachige E-Learning-Community war mit drei Personen eher schwach vertreten – möglicherweise auch, weil gleichzeitig die GMW-Tagung in Wien stattfand.


Die Keynotes der Konferenz behandelten sehr unterschiedliche Themen. Es gab jedoch ein verbindendes Element: Alle drei Referenten betonten, wie wichtig es sei, Entscheidungen zur Gestaltung von Lehre und (Lern-)Technologien auf der Grundlage empirischer Daten zu treffen. So stellte Prof. Dr. Eric Mazur (Harvard) in seinem Eröffnungsvortrag Erhebungen vor, die zeigten, dass allgemein anerkannte "Annahmen" darüber, was "gute Lehre" sei, durch die Studienleistungen keineswegs bestätigt würden. Beispielsweise förderten widerspruchsfreie Präsentationen das Verständnis weit weniger als "gezielte Konfusion" – was natürlich erheblichen Einfluss auf das Kursdesign (und den Einsatz von Medien) hat. Dr. Natasa Milic-Frayling (Microsoft Research Cambridge) setzte in ihrem Vortrag zur Analyse von sozialen Netzwerken an einem ganz anderen Punkt an: Sie hob sie hervor, dass die Art der Visualisierung großen Einfluss auf die Interpretation der Daten habe und sich damit auch auf die weitere Gestaltung von Netzwerken, soziale Partizipation und die Unterstützung einzelner Personen auswirke, z.B. in Lernkontexten. Deshalb seien nicht nur geeignete Visualierungstools nötig, man müsse auch lernen, solche grafischen Darstellungen zu lesen.

Neben den Keynotes hatten die Besucher bei einem Angebot von über 100 Sessions in bis zu elf parallelen Tracks die Qual der Wahl. Zugeordnet waren die Beiträge den Bereichen "Problem solving", "Mainstreaming", "Openness and sharing", "Sustainability" und "Entrepreneurialism"; inhaltlich ging es um die auch in der deutschsprachigen E-Learning-Szene derzeit aktuellen Themen: Tablets, Mobile Learning, Game Based Learning, Open Educational Resources (OER), MOOCs und Badges; immer noch aber auch um Learning Management Systeme, E-Assessment oder Digital Literacy. Den Best-Paper-Award erhielt ein Beitrag, mit dem Titel "Secrets of MLearing-Failures" – auch für den Mut, keine Erfolgsprojekte, sondern eine Analyse von gescheiterten Projekten zu präsentieren.

Lebendig wurde die Tagung nicht zuletzt durch die unterschiedlichen Präsentationsformate: Die im Tagungsband veröffentlichten Proceedings (Full Papers) spiegeln nur einen kleinen Teil der Beiträge wieder; daneben gab es Short Papers, Diskussionen, Symposien, Workshops, Demonstrationen (einige davon "hands on") oder auch spezielle Formen wie "Pecha Kuchas" – Kurzpräsentationen von genau sieben Minuten Länge, bei denen die Folien automatisch alle 45 Sekunden wechselten –, sowie hybride Formen. Das sorgt nicht nur für Abwechslung und ein vielseitiges Programm, es legt auch die Latte für Einreichungen niedriger. Das "Social Programm" bot über das Conference Dinner hinaus zahlreiche Gelegenheiten zum Austausch und für Treffen von Special Interest Groups. Hilfreich zum Knüpfen von Kontakten waren außerdem die interaktiven Funktionen der Tagungshomepage, die gut genutzt wurden; die außerordentlich lebhafte Diskussion auf der Mailingliste der ALT begann bereits vor der Tagung und setzt sich bis jetzt fort.

Zum Abschluss der ALT-C 2012 stellte Prof. Richard Noss (London Leraning Lab) in seiner Keynote die Frage: "Research about Technology Enhanced Learning: who needs it?" Dabei zeigte er anhand einiger der zwölf Schlüsselthemen des aktuellen TEL-Reports System Up-grade. Realising the vision for UK education, dass die Veränderung von Kontexten und Repräsentationen des Lernens neue Chancen schafft, z.B. in den Bereichen der Vernetzung und der Inklusion. Um in der wachsenden Komplexität des 21. Jahrhunderts verantwortlich handeln zu können, seien zugleich zunehmend neue Formen des Wissens über "unsichtbare" Sachverhalte notwendig – insbesondere über wirtschaftliche oder mathematische Vorgänge und Prinzipien. Dies erfordere neue Mechanismen des "Sichtbarmachens" und des "computational thinking". Um Lernende im Umgang mit den unterschiedlichen aktuellen Herausforderungen zu unterstützen, etwa der wachsenden Informationsfülle, seien sowohl die Entwicklung neuer Tools als auch ein erweitertes, kreatives Verständnis von Lernen erforderlich. Noss beendete seinen Beitrag und die Tagung mit der Aufforderung: "Let’s confront it".

Weiterführende Hinweise und Links, z.B. zu den Referentinnen und Referenten und den Präsentationsfolien, gibt es auf der Informations- und Networking-Seite der Konferenz http://altc2012.alt.ac.uk/calendar.