EdMedia 2009

Stefanie Panke, lange Zeit Mitglied der e-teaching.org-Redaktion, konnte Dank einer Förderung durch den Deutschen akademischen Austauschdienst (DAAD) an der EdMedia auf Hawaii teilnehmen und dort zwei Beiträge zu Blended Learning und Social Tagging vorstellen. Für e-teaching.org hat sie einen Konferenzbericht verfasst.

1 200 Teilnehmer aus 65 Ländern fanden sich vom 22. bis 26. Juni 2009 zur 21. „World Conference on Educational Multimedia, Hypermedia & Telecommunications“ (EdMedia), im Sheraton Hotel Waikiki ein. Die Konferenz, welche jährlich an wechselnden Orten in Europa, den USA oder Kanada stattfindet, wird durch die „Association for the Advancement of Computing in Education“ (AACE) ausgerichtet.

Den Besuchern der EdMedia bot sich ein anspruchsvolles Programm vor tropischer Kulisse: Neben verschiedenen eingeladenen Vorträgen wurden 210 Full Paper und 235 Brief Paper präsentiert, ergänzt durch zahlreiche Symposien, Round Tables, Workshops und eine umfangreiche Postersession. Die Akzeptanzquote für Full Paper lag in diesem Jahr bei 37%, für Brief Paper bei 56%. Aus den Gesamteinreichungen wurden 33 Beiträge für einen Outstanding Paper Award vorgeschlagen, darunter auch eine englischsprachige Fassung der „Social-Tagging-Umfrage“, die bei e-teaching.org zum Download zur Verfügung steht. Letztlich wurden 11 Paper mit dem renommierten Preis ausgezeichnet. Mein eindeutiger Favorit war die Arbeit von Grace Lin und Curt Bonk zur Community „Wikibooks“. Paper und Präsentation stehen zum Download zur Verfügung:  http://wiki-riki.wikispaces.com/Research+Papers+and+Reports

Beginnend mit hawaiianischen Gesängen zur Begrüßung der Teilnehmer und dem Geleitwort „the voice ist he highest gift we can give to other people“ stellte Audiolernen ein zentrales Sujet der Tagung dar. Die Keynote von Tara Brabazon stellte die rhetorische Frage „Are more media always better media?“ und argumentierte für die Entwicklung von ausgereiftem Tonmaterial als motivierendes Lernformat, was sie anhand eines Kurses zu Methoden der Medienforschung demonstrierte. Einen Einblick in ihren Vortrag gibt ein Kurzvideo bei youtube. In mehreren Präsentationen (zum Beispiel der Erfahrungsbericht „Blending Apples and Oranges“, der George Washington University), wurden Fragen rund um iTunesU behandelt, darunter die Integration in bestehende Lernmanagementsysteme, SingleSignOn Verfahren und ein abgestuftes Rechtemanagement.
 
Unter den eingeladenen Vorträgen hat mich persönlich der hypertextgeschichtliche Beitrag des New York Times Reporters Alex Wright besonders interessiert. Weitere Informationen zum Thema „The Web that wasn’t“ bietet die Webseite des Autors: http://www.alexwright.org/writing/. Ein eindeutiger Publikumsliebling war der eingeladene Vortrag von Alan Levine, Vizepräsident des New Media Consortiums. Folien und URLs sind online verfügbar und geben einen guten Eindruck zu „50+ Web 2.0 ways to tell a story".
           
Eine spannende Debatte, die sich durch eine Reihe von Keynotes zog, lag in der Konfrontation ergebnisoffener, konstruktivistischer Lernräume gegenüber modellbasiertem Instruktionsdesign und kognitionspsychologischen Prinzipien der Multimediagestaltung. Stephen Downes stellte das Lernparadigma Konnektivismus vor und beschrieb, wie selbstorganisierte Netzwerke Inhalte erstellen, teilen, wieder verwenden und neu arrangieren. Weitere Informationen bietet der Open Content Kurs „Connectvism“ der im August 2009 startet.
 
Einigen Zuhörern ging die radikale Abkehr von einer Steuerung des Lernprozesses zugunsten von Netzwerkaktivitäten jedoch zu weit. Deutlich konservativer ausgerichtet war der Vortrag von David Merrill, der ein klasissches, nutzer- und lernzielrientiertes Instruktionsdesign (Pebble-in-the-Pond) präsentierte, das ähnlich wie das "ADDIE" Modell („Analysis, Design, Development, Implementation, Evaluation“) klar geplante Schritte und Designvorgaben liefert. Tom Reeves widmete sich in seiner Keynote einer umfassenden Kritik des Cognitive Load Ansatzes („it does not scale“). Als Aufhänger diente ihm der Artikel von Kirschner, Sweller & Clark (2006), "Why Minimal Guidance During Instruction Does Not Work: An Analysis of the Failure of Constructivist, Discovery, Problem-Based, Experiential, and Inquiry-Based Teaching". Das Auditorium, darunter insbesondere die Praktiker, reagierte gemäß dem Goethevers “Prophete rechts, Prophete links, Das Weltkind in der Mitten.” Wie Steve Swithenby, Direktor am Centre for Open Learning of Mathematics der Open University (UK) im EdMedia Blog bemerkt: “Well, actually, I want to do both and everything in between. I can’t see that either is the pattern for future learning - both are part of the ways in which learning will occur.”

Die Tagung selbst wurde durch einen massiven Einsatz an Social Software wie ein Weblog, Twitterfeeds, Flickr-Gruppe und Ning-Community begleitet. Gary Marks, Mitarbeiter der AACE International Headquarters und Initiator der Ning-Community (http://www.aaceconnect.org/group/edmedia/), kündigte verschiedene Aktivitäten an, um die Community mit Leben zu füllen. Bislang sind die wenigen Diskussionsbeiträge allerdings potentiellen Freizeitaktivitäten auf Hawaii gewidmet.
 
Einblicke zur Struktur der EdMedia-Community bot der Vortrag “Who we are” von Xavier Ochoa, Gonzalo Méndez, und Erik Duval, in dem Konferenzeinreichungen aus den letzten 10 Jahren inhaltsanalytisch ausgewertet wurden.



Die Ergebnisse sind online zugänglich (http://ariadne.cs.kuleuven.ac.be/edmedia/), in interaktiver Form aufbereitet und lassen sich als PDF-Dokument oder Excel-Tabelle herunterladen. Die Grenzen automatisierter Erfassung zeigen sich jedoch an den Länderergebnissen für Deutschland – hier belegt die japanische Waseda University den zweiten Platz in der Liste aktiver Institute.   
 
Der TwitterFeed scheint sich zum ubiquitären Begleiter öffentlicher Vorträge zu entwickeln. Ob die Kurznachrichten eine echte Diskussion erlauben und zum akademischen Diskurs beitragen oder vielmehr die Aufmerksamkeit von den Vortragenden ablenken und mit sinnlosen Zeichenketten vom Wesentlichen ablenken, wurde auch während der Tagung kontrovers diskutiert. Eine Übersicht der Twitter-Feeds findet sich unter: http://twapperkeeper.com/edmedia/ Immerhin beteiligten sich ca. 180 Nutzer mit rund 2 500 Postings am kollektiven Microblogging. Weitere Erkenntnisse zu Integration von Twitter in den Tagungsablauf verspricht eine Online-Umfrage von Martin Ebner, die im Nachgang zur EdMedia durchgeführt wurde.
 
Die EdMedia gehört zu den weltweit größten Konferenzen in den Bereichen E-Learning und E-Teaching. Die Größe dieser Veranstaltungen geht mit einer hohen thematischen Breite einher, die oftmals eine vertiefte Diskussion spezifischer Themen behindert. Gleichzeitig kann jedoch in kompakter Form ein Überblick aktueller Trends gewonnen werden. Alle Konferenzbeiträge sind über die Education and Information Technology Library online recherchierbar und für AACE-Mitglieder kostenlos zugänglich (http://www.editlib.org/). Zukünftig wird der Katalog an AACE-Veranstaltungen um zwei Formate erweitert. Unter dem Titel „Global Time“ wird jährlich im Februar eine rein virtuelle Konferenz stattfinden. Die Tagung GlobalLearn soll den asiatischen und pazifischen Raum stärker integrieren.