Neue Spielräume eröffnen – VR-Räume in der Gebäudesystemtechnik

11.11.2025: In den Praktika des Studiengangs Gebäudesystemtechnik der Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden (HTWD) kommt seit einigen Jahren ein VR-Labor zum Einsatz. Dort werden typische Lehr-Lern-Situationen der Gebäudesystemtechnik als VR-Anwendungen visualisiert und simuliert, etwa in den Bereichen der Heizungs- und Wassertechnik – eine ressourcenschonende Alternative zu Übungen an realen Objekten, die dennoch erlebnisnahes Lernen ermöglicht. Im Gespräch mit e-teaching.org berichten Dr. Linh Tuan Mai und Prof. Dr. Heiko Werdin (beide Studiengang Gebäudesystemtechnik, HTWD) sowie Sabrina Sailer-Frank (Univ. Bamberg) von den Hintergründen der Entwicklung des VR-Raums und gehen darauf ein, inwiefern die mit diesen neuen „Spielräumen“ verbundenen Potenziale über die Möglichkeiten klassischer Lehr-/Lernszenarien hinausgehen.

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Bild: Eindruck des VR-Labors an der HTW Dresden (© Linh Tuan Mai, HTW Dresden)

e-teaching.org: Der Studiengang Gebäudesystemtechnik an der HTW Dresden wurde erst vor wenigen Jahren ins Leben gerufen. Wie kam es dazu?

Prof. Dr. Heiko Werdin: Ursprünglich war die Gebäudesystemtechnik eine Studienvertiefung der Fakultät Maschinenbau. Die Idee, daraus einen eigenständigen Studiengang zu entwickeln, entstand aus dem Praxisbedarf der Branche nach qualifizierten Ingenieuren und Technikern im Bereich Gebäudetechnik. 2018 wurde dann der neue Studiengang etabliert; mein Kollege Prof. Jens Bolsenius und ich haben dabei die Leitung. Das Studienfach muss auf praxisrelevante Herausforderungen wie Klimawandel, Energiewende, Digitalisierung und Modernisierung eingehen und erfordert ein zeitgemäßes Studienprogramm mit umfangreichen Fachinhalten und modernen Lehr- und Lernmethoden.

Wie kam es zu der Idee, VR in der Gebäude- und Systemtechnik einzusetzen? Was waren die ersten Schritte?

Prof. Dr. Heiko Werdin: Ein qualitativ hochwertiges Studienprogramm in der Gebäudesystemtechnik benötigt zahlreiche Versuchsanlagen, was insbesondere bei einem neuen Studiengang eine große Herausforderung darstellt. Deshalb haben wir uns im Jahr 2021 entschieden, eine Arbeitsgruppe Gebäude 4.0 zu gründen und unter der Leitung von Dr. Linh Tuan Mai und mir innovative Lehrmethoden wie den Einsatz von VR-Anwendungen in der Lehre zu erforschen. Im Rahmen dieser Initiative wurde zunächst eine Machbarkeitsanalyse zur Erstellung interaktiver digitaler Zwillinge von Versuchsanlagen in virtuellen Umgebungen durchgeführt. Das positive Ergebnis führte dazu, dass mehrere virtuelle Heiztechnikversuche entwickelt und erfolgreich als Praktika in die Lehrveranstaltungen integriert wurden. Dieses Lernszenario, die VR-Labore für die Gebäudesystemtechnik, hat Herr Mai für die Digital Learning Map von e-teaching.org systematisch beschrieben.

Dr. Linh Tuan Mai: VR-Technologien in der Baubranche sind nicht neu, so wurde bereits in den 1990er Jahren zu Virtual Reality geforscht, um räumliche Darstellungsformen für die Branche nutzbar zu machen. Durch die Etablierung der Arbeitsmethode des Building Information Modeling (BIM) sind bei jedem neuen Bauprojekt zahlreiche digitale Baudaten verfügbar, darunter die 3D-Geometrie des Bauwerks sowie der Gebäudetechnik. Softwarelösungen ermöglichen es, digitale Modelle von Bauwerken in virtuellen Umgebungen zu visualisieren. Für einen Gebäudetechnik-Versuch in der virtuellen Umgebung reicht jedoch die 3D-Geometrie des Gebäudes und der Geräte nicht aus. Die virtuelle Anlage sollte die gleichen Funktionen und Interaktionsmöglichkeiten bieten wie eine reale Anlage. Hier kommt die Simulation ins Spiel. Durch analytische Modelle der einzelnen Komponenten können komplexe hydraulische und thermische Prozesse simuliert werden. Die Integration von VR ermöglicht es, reale Bedienkonzepte zu implementieren und den Nutzenden die Möglichkeit zu bieten, mit komplexen technischen Systemen in einer sicheren, virtuellen Umgebung zu interagieren und verschiedene Experimente durchzuführen. Dies ermöglicht es den Studierenden, praktische Erfahrungen zu sammeln und gleichzeitig innovative Ideen und Technologien kennenzulernen, die für den aktuellen Bedarf der Branche entscheidend sind.

Sie nutzen die VR-Umgebungen insbesondere im Rahmen von Praktika. Warum haben Sie sich dazu entschieden und wie läuft das genau ab?

Sabrina Sailer-Frank: Wir wissen sowohl aus der Forschung als auch aus der Praxis, wie wichtig erste direkte Erfahrungen mit beruflichen Tätigkeiten sind, um das eigene Berufsbildung zu festigen. Praktika sind ein zentraler Schlüssel – nicht nur für die Berufswahl im jungen Alter, sondern auch im weiteren Verlauf zum Erlernen und Festigen relevanter Handlungskompetenzen. 

Prof. Dr. Heiko Werdin: Doch Praktika und vor allem praktische Übungsmöglichkeiten in technischen Berufen sind schnell mit finanziellen Herausforderungen konfrontiert. Es müssten verschiedene Anlagen angeschafft werden, um unterschiedliche Probleme und Situationen zu simulieren. Auch die zeitliche Restriktion ist eine Komponente – denn es kann immer nur ein kleiner Personenkreis an realen Praktika vor Ort in den Betrieben teilnehmen. Zudem können vor allem gewollte Defekte, das heißt realistische Problemsituationen, schnell gefährlich werden. Was etwa, wenn umweltschädliche Substanzen auslaufen? Insofern kann das Verlagern eines klassischen Praktikums in die virtuelle Umgebung eine Chance bieten, sowohl kosteneffizient als auch für eine größere Zielgruppe realistische Anwendungssituationen zu gestalten – und das ohne das Gefahrenrisiko. Bisher gab es nichts Vergleichbares am Markt, daher haben wir selbst Hand angelegt, mehrere virtuellen Praktikumsräume erstellt und diese im Curriculum verankert. So durchlaufen Studierende der Gebäudesystemtechnik parallel zu den Grundlagenveranstaltungen im Sommer- und Wintersemester das Praktikum innerhalb der virtuellen Umgebung. Das Praktikum ist dabei fest im Studium verortet und umfasst ca. 2-3 Stunden vor Ort im Labor. Perspektivisch sollen die Studierenden jedoch noch mehr Zeit auch zuhause in der virtuellen Lernumgebung verbringen können.

Dr. Linh Tuan Mai: Konkret sieht das so aus: Die Studierenden werden aktuell noch zu unserem VR-Labor an der HTWD eingeladen und können dort in Zweier-Teams das Praktikum absolvieren. Eine Person bekommt die VR-Brille auf und kann direkt und „immersiv“ an die Anlagen in der virtuellen Welt herantreten, Messungen durchführen und Anzeigen durchgeben, während die andere Person am Bildschirm die Aktionen mitverfolgen kann und die Ergebnisse notiert. Dann wird getauscht. Mittels eines vorbereiteten Arbeitsblattes und der optionalen Betreuung einer Lehrperson werden sie so Stück für Stück durch die VR-Umgebung geführt und absolvieren meist im Rahmen von wenigen Stunden ihr Praktikum. Jedoch haben wir sehr schnell festgestellt, dass diese Art von Praktikum sehr monoton sein kann. Zudem muss immer ein Termin im Labor gebucht und eine Lehrperson verfügbar sein. Um das Praktikum flexibler und so für die Studierenden attraktiver zu gestalten, haben wir uns daher die didaktische Expertise der Universität Bamberg ins Haus geholt, indem wir den fachlichen Part abdecken und die Didaktik sozusagen eingekauft haben.

Sabrina Sailer-Frank: Wir von der Universität Bamberg sind also in ein Projekt eingestiegen, in dem vieles bereits umgesetzt war. Aktuell überarbeiten wir gemeinsam mit den Kollegen der HTWD die VR-Räume aus didaktischer Perspektive. Dabei restrukturieren wir beispielsweise Aufgabenstellungen und gestalten Räume so, dass zukünftig das Praktikum komplett selbstgesteuert funktioniert und sich auch idealerweise dem Lernfortschritt des Individuums anpasst. Durch die Nutzung spielerischer Elemente, die Integration von virtuellen Lernbegleitern und die Untergliederung in Wissensvermittlung und Anwendungssituationen gewinnt das Praktikum an Charme für Studierende, dies nicht nur vor Ort durchzuführen, sondern sich längerfristig mit dem Praktikum zuhause zu beschäftigen. Durch die Zusammenarbeit der HTWD, der Universität Bamberg und des Arbeitskreises rund um das von der Stiftung Innovation in der Hochschullehre geförderte Projekt D2C2 des Bundeslandes Sachsen soll das Praktikum zukünftig ganz bequem ohne Dozentin oder Dozent „im Nacken“ zuhause absolviert werden können. Erste O-Töne, mit denen Studierende auf die Integration von kleineren spielerischen Elementen im Rahmen eines Pilots im Sommersemester 2024 reagiert haben, haben wir hier mit Fotos kombiniert, die zeigen, wie Studierende Praktikumsaufgaben bearbeiten.

Inzwischen haben Sie bereits mehrere Jahre Erfahrung mit dem VR-Einsatz. Welche Chancen sehen Sie dabei gegenüber klassischen Lehrmethoden?

Eine Studierende trägt eine VR-Brille, im Hintergrund steht ein PC, auf dessen Bildschirm eine VR-Umgebung zu sehen ist. Zitat: Wir haben das zwar in der Vorlesung gehabt, so theoretisch an der Tafel, aber ich glaube, wenn man dann die Chance hat, das im Praktikum zu machen und das dann nochmal auszuprobieren. Und dann nutzt man die natürlich.
Abb. 1: Studierende nutzen das VR-Labor. Das Zitat stammt von einem Studierenden, jedoch nicht von der auf dem Foto abgebildeten Person. (© Linh Tuan Mai, HTW Dresden)

Dr. Linh Tuan Mai: VR bietet eine immersive Lernumgebung, die das Engagement der Studierenden fördert und ihnen die Möglichkeit gibt, interaktive Erfahrungen zu sammeln. Durch VR können Lernende jederzeit und ohne physische Ressourcen experimentieren, was die Flexibilität und den Zugang zu praktischen Übungen erheblich erhöht. Insbesondere im Bereich der Gebäude- und Systemtechnik sind reale Experimente an Heizungs-, Lüftungs- und Klimaanlagen mit hohen Kosten, Aufwand und Zeit behaftet. VR bietet die Möglichkeit, dieser Herausforderung zu begegnen, indem sofortige und intuitive Interaktionen mit verschiedenen Modellen möglich sind. Ob die Beschleunigung oder Verlangsamung physikalischer Prozesse, das Simulieren von verschiedenen Bedingungen oder das Visualisieren nicht-sichtbarere Größen wie Druck, Temperatur oder Massestrom – VR ermöglicht Situationen leicht abzubilden und auch Fehler ohne reale Gefahren zu simulieren.

Prof. Dr. Heiko Werdin: Ein weiterer Vorteil von VR liegt in der Möglichkeit, komplexe Systemzusammenhänge einfacher und verständlicher darzustellen. Anstatt sich auf einzelne Messwerte und Diagramme zu stützen, ermöglicht die visuelle Darstellung eine unmittelbare und intuitive Einsicht in das Zusammenspiel verschiedener Parameter. Dies verbessert das Verständnis für dynamische Systemverhältnisse erheblich und erleichtert das Lernen.

Dr. Linh Tuan Mai: In der Gebäude- und Systemtechnik eröffnet VR einzigartige Möglichkeiten, die tatsächlich über die klassischen Lehrmethoden hinausgehen. Die immersive und interaktive Natur von VR erlaubt es den Studierenden, komplexe Systeme auf eine Weise zu verstehen, die in realen Umgebungen oft schwer umsetzbar ist. Während klassische Lehrmethoden die praktische Anwendung und den Umgang mit realen Geräten fördern, bietet VR die Möglichkeit, physikalische Prozesse zu manipulieren, visuell darzustellen und unter sicheren Bedingungen zu experimentieren. Zudem können die Lernenden VR nutzen, um Bedienvorgänge realer Geräte durch deren digitale Zwillinge zu erproben. Dadurch wird es möglich, das veränderte Systemverhalten beim Einsatz unterschiedlicher Hardware oder verschiedener Parametrisierungen zu beobachten. Diese Kombination aus realer und virtueller Praxis schafft ein umfassendes Verständnis, das die Studierenden optimal auf die Herausforderungen der modernen Gebäudetechnik vorbereitet.

Worauf haben Sie bei der Gestaltung der VR-Lernumgebung besonders geachtet? „Fotorealistisch" sind die von Ihnen gestalteten Räume ja nicht. 

Prof. Dr. Heiko Werdin: Wichtig war es uns, eine Umgebung zu gestalten, die der Praxis gerecht wird. Das bedeutet, dass wir eine möglichst realitätsnahe Umgebung abbilden wollten, welche die Studierenden zum Erwerb von Handlungskompetenzen befähigt und immersives Lernen ermöglicht. Kompetenzvermittlung ist ein wichtiger Bestandteil des Curriculums – denn nur so bilden wir qualifizierte Fachkräfte von morgen aus. Somit war die Herausforderung, inhaltliche Relevanz mit technischer Möglichkeit und abstraktem Transfer zu kombinieren.

Dr. Linh Tuan Mai: Im Prinzip wurden detaillierte digitale Zwillinge realer Anlagen abgebildet und verwendet. Dies erlaubt eine hohe Flexibilität bei der Gestaltung und Nutzung der Lernräume. Eine realitätsnahe Erfahrung wird außerdem durch die Übertragung der Bedienkonzepte realer Geräte in die virtuelle Umgebung erreicht, sodass die Lernenden mit dem System genauso interagieren können wie in der Realität. Abhängig vom Lernziel und den Lerninhalten werden aber vereinfachte Konfigurations- und Parametriermöglichkeiten implementiert, wodurch die Lernenden alle Komponenten im Raum zentral und schnell verändern können. Dadurch entstehen neben Versuchen, die das praktische Verständnis für die Bedienung und Wartung technischer Anlagen fördern, auch Experimente, die sich auf die Wechselwirkungen zwischen Systemverhalten, Parametrisierung und äußeren Faktoren konzentrieren. Aber auch die Nutzerfreundlichkeit nimmt einen hohen Stellenwert ein – neben optischen Gestaltungsmöglichkeiten sind es daher Gamification-Elemente, die zusätzlich das Motivation und Engagement der Studierenden fördern. Ob spielerische Features wie Quiz-Fragen oder Highscore-Tabellen, wichtig ist, das Engagement der Lernenden zu halten, damit eine vertiefte Auseinandersetzung erfolgt.

Sabrina Sailer-Frank: Momentan sind die Räume noch sehr abstrakt gehalten. Dies diente vor allem der Reduktion der Komplexität und dem Fokus auf die korrekte Darstellung der relevanten Anlageteilen. Hierfür wurden auch Expertinnen und Experten herangezogen, wie etwa unsere Kollegin an der THWD im Fachbereich Gebäudesystemtechnik, welche die Anlagenteile detailgetreu modelliert. Im nächsten Schritt fügen wir Umgebungen hinzu, die noch stärker der Realität entsprechen und so die Immersion erhöhen können.

Was sind Ihre Lessons learned aus dem Projekt? Was würden Sie anderen Lehrenden empfehlen, die etwas ähnliches planen?

Prof. Dr. Heiko Werdin: Die Rückmeldungen der Studierenden zeigen uns, dass diese Praktika vor allem in Bezug auf die Wahrnehmung der Relevanz der theoretischen Inhalte einen echten Unterschied macht. Die Hands-On-Mentalität und die Visualisierung des Projektes erleichtern für die Studierenden den Zugang und bauen eventuell bestehende Barrieren ab. Durch die Aufgabenstellung, vernetzt zu denken, wird Wissen aus anderen Modulen angewendet und vertieft – und die Studierenden haben Freude daran.

Studierende mit VR-Brille, Zitat: Ich fand es eigentlich immer ganz cool in dem VR-Raum zu sein. Ich mag das, es hat irgendwie was Spielerisches, das hat irgendwie noch mal was, was interaktiv ist.
Abb. 2: Studierende während eines VR-Praktikums. Das Zitat stammt nicht von einer auf dem Foto abgebildeten Person. (© Linh Tuan Mai, HTW Dresden)

Dr. Linh Tuan Mai: Diese Freude spiegelt sich in der Motivation der Studierenden wider. Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass VR nicht nur das Lernen erleichtert, sondern auch dabei hilft, aktuelle technologische Entwicklungen in der Ausbildung zu integrieren. Dies ist besonders wichtig in Bezug auf die Anforderungen der Industrie und den Umgang mit Herausforderungen wie dem Klimawandel. Doch es gab auch Herausforderungen im Projekt, etwa aufgrund fehlender Informatikkenntnisse der Studierenden, da diese in die Entwicklung der VR-Räume miteinbezogen werden sollten. So benötigten wir verschiedene VR-Crash-Kurse um Studierende für die Entwicklung von VR-Anwendungen fit zu machen und es wurden fertige Software-Infrastrukturen bereitgestellt, mit deren Hilfe die Studierenden ihr Fachwissen in die virtuelle Umgebung einbringen können, ohne ein oder zwei Semester als Informatiker studieren zu müssen.

Sabrina Sailer-Frank: Eine Herausforderung im Projekt war vor allem der Trade-off zwischen fachlicher Korrektheit versus der Limitation an Ressourcen. Je detaillierter ein Teil der Anlage abgebildet werden soll, desto zeit- und kostenintensiver dessen Konstruktion. Auch das Nachschärfen der Zielstellung, was das Praktikum alles leisten soll und was es leisten kann, war eine Herausforderung. Schnell wurde klar, dass die Vor-Ort-Durchführung des Praktikums Ressourcen der Mitarbeitenden bindet und es wurde das Ziel formuliert, dies zukünftig digital umzusetzen. Daraus entstand der Wunsch, mittels der Erweiterung des VR-Praktikums ein Qualifizierungsangebot zu schaffen, das orts- und zeitunabhängig für alle Zielgruppen zur Verfügung steht, idealerweise auch in den eigenen Räumlichkeiten der Teilnehmenden. Realistisch müssen wir aber sagen, dass die Nutzung nicht nur am Wissen zur Anwendung von VR-Brillen hängt, sondern auch an der Möglichkeit, dass Brillen etwa ausgeliehen werden können – bürokratische Hürden, von denen wir am Anfang nichts wussten. Auch das Design sollte die Studierenden ansprechen, daher die Zusammenarbeit von technischer Expertise und didaktischen Erfahrungswerten der beteiligten Partner. Um diese Herausforderungen weiter zu adressieren, arbeiten wir inzwischen vermehrt mit den Studierenden zusammen und holen über Feedbackschleifen auch Rückmeldungen ein, etwa zur Wahrnehmung der sprachlichen Gestaltung des Lernassistenten als kleine Umfrage oder auch zur Gestaltung der Räume durch unsere studentischen Hilfskräfte.

Das klingt schon nach konkreten Plänen für die Zukunft. Wie soll es denn im Projekt weitergehen?

Dr. Linh Tuan Mai: Aus dem bisherigen Studiengang Gebäudesystemtechnik mit FH-Diplom als Abschluss bieten wir ab dem Wintersemester 2026 den neuen Studiengang Nachhaltige Ingenieurwissenschaften an: Regenerative Energie, Klima als Bachelorstudium sowie als Kooperatives Studium, ein ausbildungsintegrierendes Studium mit zwei Abschlüssen (Beruf und Studium). Dabei sollen die praktischen Anteile im Studium erhöht werden. Die Lehrinfrastruktur wird weiter ausgebaut, sodass die Studierenden noch besser auf die Anforderungen der Praxis vorbereitet werden. Umfangreiche Forschungsprojekte im Bereich Extended Reality (XR) sind in der Planung, um die Nutzung verschiedener Realitätsformen in der Lehre zu erforschen und neben bestehenden VR-Möglichkeiten auch hybride Formate mit Mixed Reality (MR) oder Augmented Reality (AR) zu ermöglichen. Das Ziel des Projekts ist es, die Lernräume so zu gestalten, dass die Lernenden die Versuche komplett eigenständig durchführen können. Um die Lernfähigkeit zu verbessern, sollen zahlreiche Feedback-Mechanismen implementiert werden, die die Lernenden dabei unterstützen, motiviert auf ihrem Lernweg zu bleiben. Ein Beispiel dafür ist ein digitaler Lernassistenz, welcher die Ausführung des Praktikums betrachtet und Studierenden Hinweise geben kann, falls die eingesetzte Lösungsmethode falsch ist, oder Fragen zur Vertiefung der Lerninhalte stellt. Dies erfordert außerdem eine automatische Anpassung des Schwierigkeitsgrads der Aufgaben, um sicherzustellen, dass die Lernenden weder unter- noch überfordert werden. Diese Aspekte werden in naher Zukunft als Erweiterung der bestehenden Lernräume implementiert..

Prof. Dr. Heiko Werdin: Neben diesen Impulsen arbeiten wir aktuell gemeinsam mit der Universität Bamberg und dem Zentrum für Hochschuldidaktik Sachsen an der mediendidaktischen Weiterentwicklung des Praktikums, welches im Sommersemester 2026 an den Start gehen soll. Ziel ist die qualitative Weiterentwicklung der Inhalte aus pädagogischer Sicht sowie das Ausbauen von Schnittstellen zu anderen Modulen. Denn uns ist klar: Der VR-Raum ist erst der Anfang!

Beitragende

Ich habe an der Technischen Universität Dresden (TU Dresden) Informationssystemtechnik studiert und im Bereich der angewandten Informatik mit dem Thema "Nachhaltiger Reengineering-Ansatz für die Raumautomation" promoviert. Seit 2021 arbeite ich als Postdoktorand Mehr anzeigen an der Professur für Gebäudesystemtechnik an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden (HTW Dresden). Ich beschäftige mich mit den Konzepten der Extended Reality und deren Anwendungen in der Wissensvermittlung sowie in anderen industriellen Tätigkeiten. Dabei lasse ich mich von innovativen Ideen und Visionen inspirieren. Mein Ziel ist es, die Grenzen der angewandten Wissenschaft zu erweitern und unsere Wahrnehmung sowie Interaktionsmöglichkeiten mit unserer Arbeits- und Lebensumgebung im digitalen Zeitalter durch Technologien zu verbessern. Als Hochschuldozent möchte ich meinen Studierenden die Neugier auf Wissen vermitteln und ihnen helfen, Ängste zu überwinden, um über ihre eigenen Grenzen hinauszugehen, neue Herausforderungen anzunehmen und sich weiterzuentwickeln. In meiner Rolle als Forscher suche ich spannende Verknüpfungen mit anderen Forschungsgruppen, da nur durch Austausch und Zusammenarbeit größere Ziele erreicht werden können als die, die wir für uns selbst definieren.

Sabrina Sailer-Frank ist wissenschaftliche Mitarbeiterin und Promovendin an der Universität Bamberg, Professur für Wirtschaftspädagogik (Prof. Dr. Silvia Annen). Dort lehrt und forscht sie zu Themen wie der Digitalisierung von Lern- und Arbeitsprozessen, Mehr anzeigen Kompetenzmanagement und spielerischem Lernen.

Nach dem Studium (Maschinenbau, Technische Gebäudeausrüstung) an der TU Dresden habe ich auch dort zu einem sehr interessanten Thema promoviert. Parallel zur Arbeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter haben wir ein eigenes Unternehmen gegründet und wissenschaftliche Mehr anzeigen Dienstleistungen auf dem Gebiet der Technischen Gebäudeausrüstung/Gebäudesystemtechnik angeboten. Seit 2016 bin ich in den Hochschuldienst, zunächst an der HTW Berlin, nun an der HTW Dresden zurückgekehrt.

Weitere Informationen

Dieser Erfahrungsbericht ist Teil des Themenspecials XR in der Hochschullehre – was leisten immersive Technologien?.