Lehrentwicklung durch Scholarship of Teaching and Learning – mit SoTL Hochschullehre beforschen, weiterentwickeln und teilen

Beim Scholarship of Teaching and Learning geht es darum, dass Hochschullehrende ihre (eigene) Lehre bzw. das Lernen der Studierenden wissenschaftlich reflektieren und die daraus gewonnenen Erkenntnisse anderen zur Verfügung stellen. Der Artikel bietet einen fundierten Überblick über das Konzept und seine praktische Umsetzung.

Was bedeutet „Scholarship of Teaching and Learning“?

Scholarship of Teaching and Learning, kurz SoTL, hat sich im englischsprachigen Hochschulbildungssystem entwickelt und konnte sich spätestens seit der Gründung der International Society for the Scholarship of Teaching & Learning (ISSOTL) im Jahre 2004 im Hochschulkontext auch in anderen Teilen der akademischen Welt etablieren. Im europäischen Raum wird SoTL in seinen unterschiedlichen Umsetzungsvarianten mittlerweile u. a. durch Mitarbeitende in der Hochschuldidaktik, interessierte Lehrende, Akteurinnen und Akteure aus dem Bereich der Hochschulentwicklung, Bildungsforscherinnen und Bildungsforschern sowie zunehmend in Zusammenarbeit mit Studierenden selbst vorangetrieben. So wurde in Deutschland 2017 das deutschsprachige SoTL-Netzwerk gegründet, um eine institutionsübergreifende Zusammenarbeit zu ermöglichen, die Umsetzung des SoTL an deutschen Hochschulen zu fördern sowie um die spezifische SoTL-Haltung gegenüber der Hochschullehre weiterzuentwickeln, die damit verbunden ist.

Ludwig Huber und Kolleginnen und Kollegen (2014), die bereits frühzeitig die o.g. Entwicklung in der deutschsprachigen Community aufgegriffen und kommuniziert haben, definieren SoTL wie folgt: „Scholarship of Teaching and Learning ist die wissenschaftliche Befassung von Hochschullehrenden in den Fachwissenschaften mit der eigenen Lehre und/oder dem Lernen der Studierenden im institutionellen Umfeld durch Untersuchungen und systematische Reflexionen mit der Absicht, die Erkenntnisse und Ergebnisse der interessierten Öffentlichkeit bekannt und damit dem Erfahrungsaustausch und der Diskussion zugänglich zu machen“ (S. 21).

Die Auseinandersetzung und Weiterentwicklung von Hochschullehre im Sinne des Scholarship of Teaching and Learning folgt der Grundhaltung des forschenden Lernens und Lehrens und geht an verschiedenen Stellen sogar darüber hinaus. SoTL realisiert eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der (eigenen) Hochschullehre, damit verbunden ist die (innovative, Evidenzen nutzende und Evidenzen schaffende) Weiterentwicklung derselben sowie die Vergemeinschaftung entsprechender Akteurinnen und Akteure und Projekte an den Hochschulen und Universitäten und in verschiedenen hochschulübergreifenden Netzwerken (Vöing, Arnold & Reisas 2022, S. 9).

Dem Credo „shift from teaching to learning“ (Barr & Tagg, 1995) folgend liegt im Zentrum der überwiegenden Anzahl der Beiträge das studentische Lernen und der Kompetenzerwerb der Studierenden. Des Weiteren ermöglicht SoTL einen Austausch über Unterschiede und Besonderheiten der Lehre in den etablierten Fächern und wissenschaftlichen Disziplinen und leistet damit einen Beitrag zur (Weiter-)Entwicklung hochschulischer Fachdidaktiken.

Welche Schritte sind im Forschungsprozess zu gehen und welchen Prinzipen gilt es zu folgen?

Der Prozess zur Beforschung der eigenen Lehre besteht im Regelfall aus fünf Schritten und ist als iterativer Prozess zu verstehen:

  1. „Questioning“, das meint die Entwicklung einer Fragestellung zur eigenen Lehre,
  2.  „Gathering and exploring evidences“ beschreibt den Rückgriff auf bereits vorhandene Beobachtungen und Daten sowie die Erhebung neuer,
  3. „Trying out and refining new insights“, meint die Anpassung der eigenen Lehrpraxis im Sinne einer Intervention resp. Innovation, die im SoTL-Projekt beforscht wird, oder auch auf Grundlage der Ergebnisse des SoTL-Projekts,
  4. „Going public“ sowie
  5. „Sharing knowledge“ beinhalten die Dokumentation sowie Reflexion der Erkenntnisse inklusive den (kollegialen) Austausch bis hin zur Publikation oder Präsentation der Projekte (Huber & Hutchings, 2005; Huber, 2011; Vöing, 2022).

Im Fokus stehen dabei die Auswertungen der in der eigenen Veranstaltung angewandten innovativen Lehr- und Lernformen. Innerhalb von SoTL wird „Lehren und Lernen“ als ein weites Feld verstanden, d. h., dass sowohl innovative Lehr- und Lernformen, sowie innovatives Prüfen, Evaluation und Feedback oder die Gestaltung von Studienmodulen und Studiengängen berücksichtigt werden dürfen.

Gleichsam mit seiner Verortung differenzieren sich auch die Erscheinungsformen und Wirksamkeiten von SoTL aus, von der hochschuldidaktischen Grundausbildung etwa in den Zertifikatsprogrammen der Bundesländer bis hin zur standortbezogenen Studiengangs- und Curriculumsentwicklung. Ebenso haben sich verschiedene Prinzipien in der Umsetzung von SoTL entwickelt: Während von Huber und Hutchings (2005) zunächst nur das „Was“ beschreiben, formulieren die „Principles of Good Practice in SoTL“ von Felten (2013) das „Wie“ im Sinne von Gütekriterien für diesen Prozess (s. Tabelle 1).

Inquiry focused on student learning Fokus der Forschungsfrage liegt auf dem studentischen Lernen mit dem Ziel, Lernprozesse zu beobachten, besser zu verstehen und wirksamer gestalten zu können.
Grounded in context Es ist eine kontextuelle Verortung zum einen im wissenschaftlichen Diskurs und zum anderen durch eine Verortung im jeweiligen Lehr-Lernkontext notwendig.
Methodologically sound Die methodologische „Tragfähigkeit“ der Forschung ist in ihrem jeweiligen disziplinären Rahmen an wissenschaftlichen Gütekriterien orientiert.
Conducted in partnership with students Es werden ethische Aspekte in der Forschung beachtet sowie gemeinschaftliche Verantwortung für den Lehr-Lernprozess übernommen.
Appropriately public Es findet eine Veröffentlichung der Forschungsergebnisse in einem über die lokale Community hinausgehenden Rahmen in vielerlei möglichen Formaten statt, um sie einer interessierten Öffentlichkeit einerseits zur Verfügung zu stellen und andererseits für einen kritischen Diskurs zu öffnen.

Tab. 1: Principles of Good Practice in SoTL nach Felten (2013, S. 122) sowie Vöing (2022, S. 365).

Die SoTL-Untersuchung sollte, folgt man Feltens „Prinzipien“, neben einem Fokus auf das studentische Lernen außerdem eine kontextuelle Verortung aufweisen. Hierbei handelt es sich um einen Kontext in zweierlei Hinsicht: (1) mit Blick auf eine Verortung im theoretisch-wissenschaftlichen Kontext, etwa über die Berücksichtigung relevanter wissenschaftlicher Literatur, sowie (2) mit Blick auf den jeweiligen Lehrkontext: In welchem Fach wird gelehrt? Welche Zielgruppe hat die beforschte Lehrveranstaltung? Wie ist sie im Curriculum verortet? – um nur einige Fragen zu nennen, welche diese Verortung zu beschreiben verhelfen.

Hinter dem Begriff der methodologischen „Tragfähigkeit“ verbirgt sich die Diskussion über den Einsatz von Forschungsmethoden in SoTL-Projekten und über die ‚Angemessenheit‘ des Anspruchs etwa an die wissenschaftlichen Gütekriterien wie z. B. Validität, Reliabilität und Objektivität der ggf. erhobenen Daten. Hier befinden sich SoTL-Projekte potentiell in einem Spannungsfeld. Einerseits ergeben sich SoTL-Projekte aus der Idee, dass die Lehrenden in ihrer eigenen Fachdisziplin forschen (und wenn möglich auch dabei mit disziplinentypischen Methoden arbeiten); andererseits wird zur Beantwortung von lehr-lernbezogenen Fragestellungen aber bisweilen ein sozialwissenschaftliches Instrumentarium benötigt, mit dem nicht alle Lehrenden vertraut sind (Felten, 2013, S. 123, Huber, 2011, S. 120). 

Die Forderung nach einer Partnerschaft zwischen Lehrenden und Lernenden in den SoTL-Projekten erscheint da weniger problematisch. Diese Partnerschaft formt sich zum einen durch die Berücksichtigung ethischer Aspekte bei der Durchführung eines SoTL-Projekts, sie meint aber zugleich eine „demokratisierende“ Tendenz der Lehre im Sinne einer zwischen Lernenden und Lehrenden geteilten Verantwortung für den Lehr-Lernprozess. Je nach Forschungsfrage können auch die Lernenden zu Mitforschenden gemacht werden.

Das Prinzip der „Angemessenheit“ des im SoTL-Prozess finalen going public lässt sich nicht ohne die Forderung nach methodologischer Tragfähigkeit ‚lesen‘. So sind die im Rahmen von SoTL entstandenen Beiträge, u. a. aufgrund ihres individuellen bzw. subjektiven Charakters (eine Lehrperson erforscht ihren eigenen Unterricht), dem starken Fokus auf die kontextuelle Verortung sowie der teilweise geringen Erfahrung der Forschenden mit empirisch-sozialwissenschaftlichen Methoden nicht unbedingt für eine Veröffentlichung in einschlägigen fächer-/disziplinenspezifischen Fachzeitschriften geeignet. Dennoch sollte, Felten (2013) folgend, ein Weg gefunden werden, die Ergebnisse sowie auch das Vorgehen selbst einer interessierten Öffentlichkeit zugänglich zu machen (Felten, 2013, S. 124). 

Im Folgenden wird auf weitere relevante Aspekte für die erfolgreiche Gestaltung von SoTL-Projekten eingegangen: die Rollen von Lehrenden als „Scholars“ der eigenen Lehre und im Rahmen der Hochschulentwicklung, die Einbeziehung von Studierenden als Partner, die Qualitätsentwicklung der Lehre durch SoTL, die Förderung eines fach- und lehrbezogenen Wissens- und Erfahrungstransfers und abschließend die Möglichkeiten, sich disziplin-, hochschultyp- und statusgruppenübergreifend über die Entwicklung guter Lehre zu verständigen.

Lehrende als ‚Scholars‘ ihrer eigenen Lehre und im Rahmen der Hochschulentwicklung

SoTL-Forschende haben die Möglichkeit, ihre Lehrerfahrungen und formalisierten Erkenntnisse zu veröffentlichen und damit anderen Lehrenden aus vergleichbaren Fächern zugänglich zu machen. Darüber hinaus setzen sich die Forschenden intensiv mit der disziplinären Bildungsforschung auseinander, was einen vertieften Einblick und Umgang mit diesem Bereich des eigenen Faches fördert. Nicht zuletzt professionalisiert der/die Lehrende die eigene Lehre, wodurch die wissenschaftlichen und akademischen Erfahrungsbereiche nachweisbar erweitert werden.

Als Bereiche resp. Ebenen der wissenschaftlichen Tätigkeit, auf denen die Durchführung von Lehrforschungs-Projekten „wirken“ kann, lassen sich folgende definieren: die des Lernens, der Lehre, der Forschung sowie des Community Buildings.

Lernen Vertieftes Verständnis für studentische Lernprozesse (Hamilton, 2014, Abs. 1)
Lehren (Weiter-)Entwicklung der Lehrpraxis sowie des eigenen Rollenverständnisses (Curran & Davies, 2011, S. 46); (Weiter-)Entwicklung des Lehr-Lernverständnisses (Curran & Davis, 2011, S. 46)
Forschen Weiterentwicklung der Forschungserfahrungen bspw. durch das Ausprobieren neuer Methoden
Community Building Durch die Rezeption von Forschungsliteratur, den Austausch mit Kolleginnen und Kollegen bis hin zum going public und sharing knowledge

Tab. 2: Wirkungsebenen von SoTL-Projekten (Curran & Davis, 2011; Hamilton, 2014)

Zur Ebene des Lehrens lassen sich Befunde aus der Literatur ergänzen, die darlegen, dass es sich hierbei schwerpunktmäßig um die Weiterentwicklung der instruktionalen Praxis, des Kurs-Designs, des methodischen Repertoires sowie der genutzten Assessment-Formen handelt (Hamilton, 2014, Abs. 2, Hutchings et al., 2011, S. 3, Kreber, 2001, S. 84).

Darüber hinaus lohnt immer auch ein organisationaler Blick auf die Entwicklung von SoTL in Hochschulen und Universitäten. Hierbei kann auf im Kontext von SoTL-Forschung entwickelte spezifische Mehrebenenmodelle zurückgegriffen werden, die eine Verortung der SoTL-Aktivitäten auf unterschiedlichen organisatorischen Ebenen erlauben und damit Grundlage für die Hochschulentwicklungen (im Sinne eines Change-Managements) bieten. In der Unterscheidung der Mikro-, Meso- und Makroebene wird dem „Bezugsrahmen der Pädagogischen Hochschulentwicklung“ nach Brahm et al. (2016, S. 29) gefolgt. Eine Implementierung von SoTL-Ansätzen innerhalb der Hochschule als Organisation kann bspw. mithilfe des ursprünglich im Rahmen einer SoTL-Forschung zum Service Learning entwickelten Mehrebenenmodell erfolgen (Arnold, 2022). Dieses Modell wurde später hinsichtlich akademischer Lernberatungs- und Lernbegleitungsangebote auf den unterschiedlichen Ebenen der Organisationsstruktur und -kultur einer Bildungsorganisation erweitert (Görl-Rottstädt et al., 2022)(vgl. Abb. 1).

Unterteilung in Mikroebene (Lehrforschung), Mesoebene (Studienprogramme-Ebene) und Makroebene (Hoschulebene).

Abb. 1: Mehrebenenmodell zur Verankerung von SoTL in der Hochschule (übersetzt von Arnold, 2022, CC BY 4.0)

Auf der Mikroebene – dem inneren Kreis im Modell – finden sich die Akteurinnen und Akteure (z. B. Lernende, Lehrende, Peers und andere Beteiligte) des Scholarship of Teaching and Learning, die sich im Sinne einer partizipativ-orientierten und reflexiven Aktionsforschung organisieren. Dabei sind die theoretische Konzeptentwicklung, empirische Forschung, Implementierung und Optimierung bzw. Weiterentwicklung neuer Lehr-Lernformate in einem iterativen Prozess miteinander verknüpft und die Hochschule versteht sich als lernende Organisation (Galletta & Torre, 2019). Auf der Mesoebene – dem äußeren Kreis im Modell – sind die Studienprogramme verankert, die durch Curricula, Lehrpläne, Voraussetzungen und Rahmenbedingungen für das Lehren und Lernen, die Definition von Lehr- und Lernzielen, Lerngegenständen und Methodisierung konkretisiert werden. Ebenso sind auf dieser Ebene auch die Bedarfe der Lernbegleitung und -beratung und die Nutzung technologieunterstützter Lehr- und Lernangebote zu reflektieren. Auf der Makroebene werden die strukturellen und institutionellen Ressourcen (z. B. sachliche, personelle, finanzielle Ausstattung), die didaktische Qualifikation des Hochschulpersonals, die Zusammenarbeit und Vernetzung innerhalb und außerhalb der Hochschule sowie die Entwicklung von Multistakeholderkompetenzen hervorgehoben (z. B. im Rahmen des Coachings bei Squarra & Weber, 2020, S. 76).

Students as partners

Die Einbindung von Studierenden in SoTL-Aktivitäten wird verstanden als ein “reciprocal process through which all participants have the opportunity to contribute equally, although not necessarily in the same ways, to curricular or pedagogical conceptualization, decision-making, implementation, investigation, or analysis” (Cook-Sather, Bovill & Felten, 2014, S. 6-7). Dabei steht nicht allein nur die Beziehungsgestaltung im Rahmen der Studierenden-Lehrenden-Kooperation im Vordergrund, sondern die partnerschaftliche Co-Produktion und Co-Kreation zwischen Studierenden und akademischem Lehr- und Forschungpersonal, Mitarbeitenden in der Hochschuldidaktik, Verwaltungsmitarbeitenden, leitenden Angestellten in der Hochschule sowie Studierendenvereinigungen (Healey, Flint & Harrington, 2014, S. 12).

Diese Zusammenarbeit kann nach Healey, Flint und Harrington (2014, S. 24) auf einer breiten Ebene erfolgen: (1) Gestaltung von Lehre und Lernen sowie Prüfungsleistungen; (2) Curriculumsentwicklung und pädagogische Beratung; (3) Fachspezifische Forschung; (4) im Rahmen des SoTL. In einem systematischen Literature Review haben Mercer-Mapstone et al. (2017) festgestellt, dass bisher insbesondere die folgenden vier Themen in der Literatur diskutiert worden sind: (1) die Bedeutung der Reziprozität in der Partnerschaft; (2) die Notwendigkeit, Räume für Austausch darüber zu schaffen, wie „gleichberechtigt“ eine Partnerschaft in der Realität überhaupt umgesetzt werden kann; (3) die Konzentration auf die Zusammenarbeit in kleinerem Rahmen (z. B. im Rahmen des Bachelorstudiums, in extracurricularen Veranstaltungen und bezogen auf die Verbesserung der Lehr- und Lernqualität); (4) zur Förderung inklusiver, partnerschaftlicher Lerngemeinschaften. Das Forschungsteam Mercer-Mapston (2017) weist u. a. darauf hin, dass zukünftig stärker Bezug genommen werden soll auf institutionen-, disziplinen- und kulturübergreifende Initiativen, die Einbeziehung von Studierenden in die Publikation der Forschungsergebnisse. Ebenso sollte der Fokus auch auf die Lehrenden gelegt werden, welche Potentiale Lehrende in der Gestaltung partnerschaftlicher Konzepte sehen und wie deren Rollenverständnis sowie Handlungsethik in der Lehre (im Transfer von Theorie und Praxis) reflektiert werden kann.

Qualitätsentwicklung der Lehre

Die Lehrentwicklung mit dem Prinzip SoTL geht oftmals von zweierlei Motivatoren aus: (1) Entweder folgt SoTL dem themenoffenen, generellen Wunsch Hochschullehrender verstehen zu wollen, wie studentisches Lernen effektiv gestaltet werden kann und wie Lehre diesen Prozess evidenzbasiert beeinflussen kann. (2) Oder sie ist motiviert von der themenbezogenen Bearbeitung aktueller Herausforderungen etwa in Gestalt der Identifikation von Lernhindernissen, deren systematische Beobachtung und Beseitigung und dabei zumeist mit einer Lehrinnovation verbunden.

Eine Erforschung der eigenen Lehre auf Grundlage von SoTL führt folglich dazu, Lehre (studierendenzentriert) weiterzuentwickeln, indem Lehrende sich durch eine reflexive Praxis weiterentwickeln und dabei auch auf sich ändernde, die Hochschullehre beeinflussende Bedingungen und Anforderungen reagieren. Daraus folgt, dass SoTL die (innovative) Weiterentwicklung der Lehre in hohem Maße vorantreibt.

Eine Lehrentwicklung auf Grundlage von SoTL zeigt dabei positive Wirkungen. Dies zeigt sich u. a. in folgenden Bereichen: (1) der lehrbezogenen Professionalisierung Hochschullehrender inkl. der Motivation, sich intensiver der Gestaltung der eigenen Lehre zu widmen (u. a. Foreman-Peck & Winch, 2010, Weimer, 2006, Cox, Huber & Hutchings, 2005); (2) der fachbezogenen Lehrentwicklung (u. a. Kreber & Szczyrba, 2019); (3) damit verbunden bei der Herausbildung einer fachbezogenen Hochschuldidaktik sowie (4) der Hochschulentwicklung (u. a. Roxå, Mårtensson & Alveteg, 2011).

Förderung eines fach- und lehrbezogenen Wissens- und Erfahrungstransfers

Neben der Innovationskraft fördert SoTL ebenso einen fach- und lehrbezogenen Wissens- und Erfahrungstransfer. Oftmals gelingt der Transfer von neuen Erkenntnissen (etwa aus der Kognitionswissenschaft oder der Lernpsychologie) in die Lehre nur bedingt. Gründe hierfür sind u. a., dass die hochschuldidaktisch Forschenden zumeist aus der psychologischen oder pädagogischen Forschung kommen und mit den entsprechenden Fragestellungen, Methoden, und Designs forschen sowie in der eigenen Community in der gängigen Fachsprache publizieren. Die speziellen Bedingungen und der Bedarf von Lehre in den einzelnen Disziplinen finden hier nur bedingt Eingang. Bei einer Erforschung der eigenen Lehre im Sinne von SoTL werden Fachspezifika stärker berücksichtigt, wodurch der Ausbau einer fach- und lehrbezogenen Hochschuldidaktik stattfindet, die wiederum besser in die Lehrpraxis der einzelnen Disziplinen hineinwirken kann. Darüber hinaus ermöglicht SoTL immer auch einen individuellen Zugang zur Lehre, enthält folglich ein starkes selbstreflexives Moment, wodurch die Spezifika des beforschten Kontextes transparent dargestellt und ebenfalls die subjektive Erfahrung des Forschenden einbezogen werden. Des Weiteren bringt SoTL den Austausch zwischen fachbezogener und allgemeiner Hochschuldidaktik voran, da pädagogische, psychologische und fachbezogene Forschungsfragen und Erkenntnisse diskutierbar werden.

SoTL schafft Möglichkeiten, sich disziplin-, hochschultyp- und statusgruppenübergreifend über die Entwicklung guter Lehre zu verständigen – ein Ausblick

Das going public, also die Veröffentlichung der Ergebnisse der jeweiligen Projekte ist ein zentrales Element des SoTL-Prozesses. Die Dissemination von Projektergebnissen kann dabei auf unterschiedliche Art und mit unterschiedlicher Reichweite von hochschulinternen Publikationen über die Präsentation auf Tagungen und in weiteren Austauschformaten (etwa der SoTL-Rundreise des deutschsprachigen SoTL-Netzwerks) bis hin zu (gerankten) Journals geschehen. Diese Praxis ermöglicht neben dem Transfer von Erfahrungen und Evidenzen auch die standortinterne sowie -übergreifende Vernetzung.

Eine solche Vernetzung findet auch in dem sich bottom up entwickelnden deutschsprachigen SoTL-Netzwerk aus SoTL-interessierten Mitarbeitenden der Hochschuldidaktik, Hochschullehrenden und an der Hochschulentwicklung Beteiligten sowie freien Trainerinnen und Trainern statt. Erklärte Ziele der Netzwerkarbeit sind dabei, einen Raum für einen strukturierten Austausch über SoTL zu eröffnen sowie weitere Standorte für eine Lehrentwicklung mit dem Prinzip SoTL zu sensibilisieren. An den vertretenen Standorten sowie durch die (internationale) Vernetzung der beteiligten Akteurinnen und Akteure hat sich eine Expertise angesammelt, in der sich – über Bundesland-, Disziplin-, Hochschultypen- sowie Grenzen von Statusgruppen hinweg – Erfahrungs- und Professionswissen bündelt.

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Letzte Änderung: 03.08.2023