Elektronische Prüfungen in Statistik am mitgebrachten Laptop

In den Prüfungen für Statistik 1 und 2 an der humanwissenschaftlichen Fakultät bearbeiten rund 500 Studierende pro Semester Aufgaben und Datensätze am eigenen tragbaren Rechner.

Eckdaten

Kann Lösungsansätze für folgende Problemstellungen der Lehre bieten:

  • Hohe Komplexität der Lerninhalte
  • Geringe Lernmotivation
  • Geringer Transfer in die Praxis
  • Geringe Kompetenzorientierung in Prüfungs- und Bewertungsformen

Eignet sich für folgende Virtualisierungsgrade:

  • Anreicherung

Nutzt folgende Medieneigenschaften zur Unterstützung des Lernprozesses:

Interaktivität: 5 (trifft vollkommen zu)
Adaptivität: 1 (trifft überhaupt nicht zu)
Synchronizität: 1 (trifft überhaupt nicht zu)
Selbststeuerung: 5 (trifft vollkommen zu)

Seit Wintersemester 2011 bearbeiten die Studierenden aus Psychologie, Mensch-Computer-Systeme und Medienkommunikation die Prüfungen in Statistik 1 und 2 in einem Hörsaal am eigenen mitgebrachten Laptop. Der Sitzplätze im Hörsaal ist mit Ethernetbuchsen und Stromsteckdosen ausgestattet, so dass pro Kohorte 120 Personen gleichzeitig eine Klausur bearbeiten können. 

Die Verwendung der eigenen Rechner anstelle karierten Papiers + Taschenrechner erlaubt die Verwendung anderer Klassen von Aufgaben, größere Datensätze und die Prüfung praxisrelevanter Kompetenzen - kein vernünftiger Mensch macht eine (echte) statistische Auswertung auf Karopapier mit Taschenrechner. Die Rechner laufen dabei mit den normalen Betriebssystemen, die Studierenden haben Zugriff auf ihre Dateien, aber nur eingeschränkten Internetzugriff (=nur auf den Prüfungsserver). Wenn man die Klausur entsprechend gestaltet (jedes Semester neue Aufgaben, genügend Aufgaben) und die Prüfung überwacht, ist die Durchführung unproblematisch. Ein (häufig gefordertes) speziell gehärtetes Betriebssystem auf Stick, auf dem nur definierte Software läuft, ist unnötig bzw. führt zu mehr Problemen als Nutzen.

Logo

Die Prüfungen werden automatisch (vor)ausgewertet und vom Dozenten nachkorrigiert. Das Prüfungssystem erspart mir dabei einen erheblichen Aufwand und sorgt für fairere Prüfungen, da vergleichbare Fehler durch die übersichtliche Darstellung der Ergebnisse über Personen konsistenter bewertet werden können.

Die Altklausuren werden im selben System CaseTrain, in dem auch die Prüfungen laufen, in den Folgesemestern mit ausführlichen Erklärungen zum Üben zur Verfügung gestellt. Sie werden deutlich intensiver genutzt als normale Übungsaufgaben, da sie von den Studierenden als relevanter angesehen werden.

Medieneigenschaften zur Unterstützung des Lernprozesses

Interaktivität: 5 (trifft vollkommen zu)

Die Prüfungsumgebung erlaubt ein Markieren und Kommentieren der Aufgabentexte, Markierung von Aufgaben ("muss ich noch bearbeiten"), und eine freie Navigation, die übersichtlicher ist als in Papiervorlagen.

Aus prüfungsrechtlichen Gründen sind die Klausuren für alle Teilnehmenden eines Semesters identisch. Eine "Prüfung on demand" auf Basis einer Zufallsauswahl von existierenden Aufgaben wäre mit dem Konzept der Veröffentlichung von Altklausuren zu Übungszwecken und dem Konzept der open-books Klausur ohnehin nicht vereinbar.

Es handelt sich um ein Prüfungssystem, da sind "synchrone Kommunikationsprozesse" ziemlich unerwünscht

Selbststeuerung: 5 (trifft vollkommen zu)

Die Prüfungsoberfläche erlaubt eine freie Navigation, zeigt die Menge an bearbeiteten Punkten und Aufgaben und die verbleibende Prüfungszeit an und erlaubt die händische Markierung von Aufgaben. Auf Wunsch der Studierenden wurde eine Möglichkeit geschaffen, die Anzeige der bearbeiteten Punkte/verbleibenden Zeit zu unterdrücken ("das macht mich nervös"); vorher konnte man Laptopbildschirme sehen, auf denen der entsprechende Bereich mit Papierstreifen abgeklebt war.

Lösungsansätze für Problemstellungen der Lehre

Für die folgenden Problemstellungen kann das Praxisbeispiel Lösungsansätze bieten:

  • Hohe Komplexität der Lerninhalte:
    Realistische Arbeitsumgebungen entlasten von rein mechanischen Tätigkeiten (Abtippen von Zahlen in Taschenrechner) und erlauben (theoretisch) die Konzentration auf Inhalte
  • Geringe Lernmotivation:
    Die Herausgabe von Altklausuren führt zu intensiver Bearbeitung der Aufgaben; das kann man als Lehrperson auch positiv nutzen, um den Studierenden Inhalte unterzujubeln. Allerdings sind ausführliche Erklärungen unabdingbar, sonst kommen Proteststürme.
  • Geringer Transfer in die Praxis:
    Die Prüfungsbearbeitung erfolgt mit denselben Werkzeugen, die auch in der Praxis verwendet werden.
  • Geringe Kompetenzorientierung in Prüfungs- und Bewertungsformen:
    Durch die Verwendung elektronischer Prüfungsformate lassen sich Aufgaben generieren, die deutlich näher an den Praxisanforderungen sind (realistische Datensätze, Auswertungswerkzeuge aus der Realität, Transfer von Erkenntnissen statt Auswendiglernen)

Virtualisierungsgrad

Der Virtualisierungsgrad beschreibt das Verhältnis zwischen Präsenz- und virtuellen Phasen. Das Praxisbeispiel unterstützt die folgenden Virtualisierungsgrade:

  • Anreicherung

Ressourcen

Soft- und Hardware

  • HTML5, Tabellenkalkulation, tragbare Rechner

Kontakt

Sie möchten mehr über das Praxisbeispiel erfahren? Hier können Sie Kontakt zu den Autorinnen und Autoren aufnehmen:

Dr. Rainer Scheuchenpflug
Institut für Psychologie , Universität Würzburg
Röntgenring 11
D- 97070 Würzburg
Mail: scheuchenpflug[at]psychologie.uni-wuerzburg.de
Home: https://www.psychologie.uni-wuerzburg.de/methoden/mitarbeiter/wissenschaftliche-mitarbeiter/rainer-scheuchenpflug/

Diplom Inf. Alexander Hörnlein
Rechenzentrum der Universität Würzburg
Am Hubland
D- 97074 Würzburg
Mail: casetrain[at]uni-wuerzburg.de