Virtuelle Welten

Virtuelle Welten faszinieren uns schon seit Jahrzehnten. Sie können eindrucksvolle, immersive Erfahrungen in verschiedensten Bereichen liefern und möglichst naturalistische Nachbildungen der realen Welt sein. Sie können sich aber auch gänzlich davon lösen. In Einigen gelten keinerlei physikalische Gesetze.

In virtuellen Welten wohnt ein gewaltiges Potenzial inne, wenn es darum geht, Nutzenden ein einzigartiges und eindrucksvolles Erlebnis zu bescheren. So gibt es eine schiere Fülle virtueller Welten in der Unterhaltungsbranche, aber auch in der Lehre und Industrie finden sie vermehrt ihren Einsatz. Durch die sich ständig und immer schneller verbessernde Technik werden die Fähigkeiten, interessante Umgebungen möglichst detailliert abzubilden, immer besser. Verhältnismäßig detailgetreue Flugsimulationen werden schon seit über einem halben Jahrhundert genutzt, um angehende Pilotinnen und Piloten zu trainieren. Auch in anderen Bereichen sind Simulatoren mit virtuellen Welten inzwischen Teil der Ausbildungsstrategie, zum Beispiel in der Medizin oder der Feuerwehrausbildung.

Digitale Zwillinge lassen sich verwenden, um Nutzende durch virtuelle Kopien von Realszenarien (wie etwa Fabrikationsanlagen, Fahrzeuge, etc.) zu leiten und ihnen dabei wichtiges Wissen über das reale Gegenbild zu vermitteln. Auch können klassische Lehr- und Lernszenarien, wie Vorlesungen oder Diskussionsrunden und Vortragssituationen virtuell abgebildet werden, wobei stets auf einen didaktischen Mehrwert gegenüber der Durchführung in der Realwelt Wert gelegt werden muss. Dieser kann unter anderem in der Netzwerkbildung mit Studierenden an unterschiedlichsten Standorten bestehen, so dass kostspielige, zeitaufwändige und CO2-emittierende Reisen vermieden werden, bei gleichzeitiger Nutzung der Vorzüge von 3D-basierten Szenarien.

Viele virtuelle Welten können in Extended Reality (XR) betreten und somit noch immersiver wahrgenommen werden. Nutzende befinden sich hier, im Gegensatz zum klassischen Lernen vor dem Bildschirm, räumlich mitten in der virtuellen Welt und können direkter und natürlicher mit der digitalen Umgebung interagieren.

Lernen und Lehren im Metaverse

Immer häufiger, wenn im Kontext von Lehre und Lernen über virtuelle Welten gesprochen wird, werden damit Welten im „Metaverse“ gemeint. So richtig einig darüber, was genau das Metaverse ist, ist man bislang jedoch nicht. Geprägt wurde der Begriff in dem im Jahr 1993 erschienenen Roman „Snow Crash“ von Neil Stephenson. Darin bezeichnet der Begriff ein virtuelles Abbild der Realität, in das sich Menschen fliehen und in dem sie sich in Form von Avataren treffen und in Echtzeit miteinander interagieren können. Diese Idee spiegelt sich grundsätzlich auch in der heutigen Verwendung des Begriffs wieder.

Tatsächlich gibt es so etwas wie die eine virtuell begehbare Plattform, die alle Dienste verbindet, noch nicht. Manche verstehen die Plattform „Second Life“ aus dem Jahr 2003 – die noch bis heute Verwendung findet – als Vorläufer des Metaverse, da hier bereits einige der oben genannten Komponenten umgesetzt wurden, zum Beispiel die Begehung virtueller 3D-Umgebungen und die Interaktion mit anderen Nutzenden in Form von Avataren.

Große Tech-Unternehmen wie Epic Games, Meta oder Microsoft investieren in hohem Maße in die Entwicklung des Metaverse. Zum Beispiel bemüht sich Epic Games um die Etablierung der eigenen Unreal Engine für die Entwicklung von Inhalten für das Metaverse, Meta betreibt und entwickelt seine eigene Plattform Horizon Worlds und Microsoft integrierte avatar-gestützte Interaktionen in die Software Microsoft Teams. Das Interesse am Metaverse steigt auch weiterhin, darum ist es wichtig, dass qualitativ hochwertige Lehre ihren Platz darin findet.

Virtuelle Welten im Überblick

Die Landschaft der virtuellen Welten mit Bezug zur Lehre ist groß und zuweilen unübersichtlich. Im Folgenden findet sich der Versuch, einige wichtige Kategorien virtueller Welten zusammenzufassen. Aufgrund der Schnelllebigkeit der betreffenden Technologien sollte diese Kategorisierung aber nur als Schnappschuss des aktuellen Stands verstanden werden, außerdem ist es unmöglich, hierzu eine erschöpfende Liste zu erstellen.

Ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal verschiedener virtueller Welten ist der Immersionsgrad, womit gemeint ist, wie direkt Nutzende sich in der virtuellen Welt wiederfinden. Hat man es mit einer klassischen zweidimensionalen Projektion einer 3D-Welt auf einem Bildschirm zu tun, oder sind Nutzende ein echter Teil einer dreidimensionalen und als solche auch erlebbaren Welt in Virtual- oder Augmented-Reality?

Klassische virtuelle Welten

Vertreter der ersten Kategorie sind zum Beispiel Minecraft Educational oder Roblox Education, die Nutzenden sogenannte Sandbox-Welten zur Verfügung stellen. Diese zeichnen sich durch ein hohes Maß an Freiheit der Nutzenden aus, die mithilfe von Tools eines vorgegebenen Baukastens erschaffen können, was immer ihre Kreativität zulässt. So können auch eigene Lehrinhalte erstellt werden. Solche Welten nutzen das Prinzip der Gamification, also das Verpacken ernster Inhalte in spielerische Umgebungen, um das Lernen in ihnen attraktiv und spaßig zu gestalten.

Virtual Reality

Will man zusätzlich noch wirklich in die virtuelle Welt eintauchen, so begibt man sich in das Reich der virtuellen Realität (Virtual Reality, VR). Der höhere Grad an Immersion ebnet den Weg für eine direktere und häufig natürlichere Verbindung mit der virtuellen Welt. Organisationen wie Google oder die BBC ermöglichen Wissbegierigen 360° Eindrücke diverser Inhalte. Noch immersivere Darstellungen sind mit echten begehbaren 3D-Welten wie in Spatial möglich.

In der Lehre trifft man hier relativ häufig klassische Nachbildungen von Lern-/Lehrszenarien an, etwa Vorlesungen, Diskussionsrunden und Rollenspielsituationen. Museumsrundgänge oder andere virtuelle Ortsbesichtigungen bieten sich ebenfalls an. Aber auch Szenarien mit haptischen Komponenten sind möglich. Auch kann der Vorteil der Virtualität im Bezug darauf ausgenutzt werden, dass Nutzende Gefahrensituationen virtuell erkunden können, ohne sich dabei in realer Gefahr zu befinden und dass physikalische Grenzen nicht existieren.

Oft werden in VR-Welten Avatare zur Darstellung der Nutzerinnen und Nutzer in der virtuellen Welt verwendet. Diese können je nach Anwendung an die eigenen Vorlieben oder das eigene reale Erscheinungsbild angepasst werden, wodurch die eigene virtuelle Repräsentation persönlicher und unmittelbarer wird. Auch hier gibt es verschiedene Abstraktionsgrade. Von naturalistischen Ganzkörperavataren bis hin zu comichaften schwebenden Köpfen und Händen lässt sich alles finden. Durch technische Neuerungen wie Gesichts- und Augentracking können solche Avatare immer ausdrucksstärker werden.

Beispiele für VR-Umgebungen:

Augmented Reality

Weit verbreitet sind auch Mischformen aus der realen Welt und virtuellen Welten, dann spricht man von Augmented Reality (AR). Diese bietet den Vorteil, dass nicht alles, was Nutzende zu Gesicht bekommen, selbst entwickelt und designt werden muss, sondern dass die reale Welt weiterhin sichtbar bleibt und erweitert weiterhin genutzt werden kann. Diese Ansätze eignen sich beispielsweise zur Erschaffung virtueller Labore, aber auch zum Kennenlernen anderer Arbeitsumgebungen und zur Ergänzung von nützlichen Informationen in allerlei Situationen.

Beispiele für AR-Szenarien:

  • Das gläserne Herz, eine beispielhafte Anwendung von Augmented Reality in der Medizin, ist ein kommerzielles Produkt von Siemens.
  • SkyView® Lite, eine AR-Software zur Erkundung des Sternenhimmels, ist ein kommerzielles Produkt von Terminal Eleven LLC.
  • Froggipedia, eine Software für Augmented Reality, um mehr über die Anatomie und das Leben von Fröschen zu lernen, ist ein kommerzielles Produkt von Indiavidual Learning Limited.

Extended Reality

Die Grenze zwischen Welten in AR und VR werden zunehmend schmaler. Viele VR-Plattformen unterstützen inzwischen AR-Erfahrungen und andersherum. Technologische Neuheiten wie bessere Kameras sowie Farbdurchsicht an den genutzten VR-Endgeräten unterstützen diese Aufweichung der Trennung. Es ist ein Trend dazu erkennbar, AR- und VR-Inhalte unter dem Sammelbegriff Extended Reality (XR) zu vereinen.

Eine Übersicht über den deutschlandweiten Einsatz von XR in der Lehre, bereitgestellt von der Justus-Liebig-Universität Gießen, ist auf deren Webseite zu finden. Außerdem sei an dieser Stelle auf das Projekt uniVERSEty verwiesen, das bis 2026 durch die Stiftung für Innovation in der Hochschullehre gefördert wird, um das Netzwerk der VR-Aktivisten und Aktivistinnen auszuweiten und für eine intensivere Einbindung der VR-Technik in der Lehre durch Austausch zu sorgen.

Didaktisches Potenzial

Die Nutzung virtueller Welten in der Lehre, insbesondere in Kombination mit XR-Technologien, hat ein hohes Potenzial zur Verbesserung der Lehre und zur Realisation neuer Lehr- und Lernkonzepte. Die gesteigerte Immersion und die Möglichkeit, Inhalte multimedial darzustellen, liefern eine solide Grundlage für neuartige und effektive didaktische Ansätze.

Das gesteigerte Präsenzgefühl kann dazu beitragen, dass Inhalte besser aufgenommen werden. Außerdem erleichtert eine erhöhte Immersion die Fähigkeit von Nutzenden, sich auf erlebte Inhalte zu konzentrieren. Die hohe Anpassbarkeit von Lernumgebungen an die individuellen Bedürfnisse der Nutzenden können hier ebenfalls positive Effekte haben. Nicht zuletzt ist auch dadurch ein Vorteil gegenüber klassischen Lehrmedien gegeben, dass gefährliche Szenarien in einer sicheren Lernumgebung erprobt werden können.

Zusätzliche Informationen finden Sie im Beitrag zur virtuellen Realität.

Letzte Änderung: 29.01.2024