Moskaliuk (Hrs.) (2008)

Moskaliuk, Johannes (Hrsg.) (2008): Konstruktion und Kommunikation mit Wikis. Theorie und Praxis. Boizenburg: Verlag Werner Hülsbusch.



Mit dem Phänomen „Wiki“ setzen sich inzwischen zahlreiche Publikationen auseinander. Im Zusammenhang mit dem Thema E-Learning stehen dabei meist praxisorientierte Arbeiten oder technische Aspekte im Mittelpunkt. Auch das vorliegende Buch wendet sich an Anwender aus der Praxis; sein Ziel ist es, einen Überblick über Theorien zu geben, die den individuellen und kollektiven Wissenserwerb bei der Arbeit mit Wikis erklären, um damit einen fundierten Hintergrund zur Gestaltung konkreter Praxissituationen zu schaffen. Thematisiert wird dabei vor allem die Differenz zwischen der Nutzung von Wikis in informellen (Freizeit-) Kontexten und formellen (Lern-)Situationen, z.B. in Institutionen, Firmen, Schulen und anderen Zusammenhängen.

Die kürzeren einleitenden Kapitel stellen zunächst zentrale Aspekte des Wiki-Prinzips auf funktionaler, technischer und vor allem psychosozialer Ebene dar (u.a. die flachen Hierarchien bei der selbst organisierten Zusammenarbeit; Kap. 1), dann die Schwierigkeiten beim Einsatz (z.B. mangelnde Übersichtlichkeit; Kap. 2) sowie unterschiedliche Anwendungsmöglichkeiten vom eBook bis zum Projektmanagement (Kap. 3). Das 4. Kapitel verortet die Wissenskonstruktion mit Wikis lerntheoretisch zwischen Konstruktivismus und Systemtheorie und verbindet schließlich beide Theorien in einem integrativen Rahmenmodell, das die Austauschprozesse zwischen dem „Wissensraum“ einer Person und dem „Informationsraum“ eines Wikis verdeutlicht. Was motiviert Menschen dazu, sich an einem Wiki zu beteiligen? Zur Beantwortung dieser Frage werden im 5. Kapitel motivations- und sozialpsychologische Konzepte aufgegriffen und unterschiedliche, einander ergänzende Erklärungsansätze vom Flow-Erleben bis zum Bedürfnis nach Selbstdarstellung vorgestellt.
Aus allen bisherigen Überlegungen werden schließlich konkrete Hinweise zum effektiven Einsatz von Wikis in Lernsituationen abgeleitet, von der benutzerfreundlichen Gestaltung bis zu Maßnahmen zur Einbettung in die Organisationsstruktur und -kultur. Die ausführlichen Erläuterungen werden durch praktische Beispiele veranschaulicht und am Ende der jeweiligen Abschnitte kurz zusammengefasst (Kap. 6).
Wie unterschiedlich der Einsatz von Wikis in Lernzusammenhängen aussehen kann, zeigen schließlich drei Fallstudien (Kap. 7 bis 9): ein Unternehmenswiki, ein Wiki, das als „Kommunikationszentrale“ bei der gemeinsamen Entwicklung einer Software genutzt wird sowie das Wiki der „Zentrale für Unterrichtsmedien im Internet (ZUM)“, das als offene Plattform zum Austausch über Lehrinhalte und Lernprozesse dient. Die Beispiele verbinden die chronologische Darstellung der Entwicklung der Projekte mit einer kritischen Analyse von Stärken und Schwächen. Im 10. Kapitel werden abschließend Prozesse kollaborativer Wissenskonstruktion in verschiedenen Wikipedia-Artikeln untersucht. Dabei wird auch gezeigt, wie Ergebnisse experimenteller Untersuchungen im Labor und Beobachtungen im Feld einander ergänzen und zu neuen Erkenntnissen über Wirkzusammenhänge und deren Gültigkeit führen können.

Der Herausgeber sowie zwei weitere Autoren arbeiten am Institut für Wissensmedien (IWM) in Tübingen, an dem aus kognitionspsychologischer Perspektive die Bedeutung (digitaler) Medien in Lernprozessen erforscht wird; die weiteren Autoren sind in den Praxisfeldern Schule und Industrie tätig. Diese Kombination hat sich im Buch in einer praxisorientierten Darstellung theoretischer Grundlagen und einer theoriegeleiteten Auswertung von Praxiserfahrungen niedergeschlagen – und in einer Fülle von Tipps, Hinweisen und Denkanregungen für Anwender.
Letzte Änderung: 08.04.2015