Mit Lernlaboren Lehrkonzepte erproben, evaluieren und weiterentwickeln

Das Zentrum für multimediales Lehren und Lernen (LLZ) an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg unterstützt durch Lernlabore die Lehrenden bei der Einführung von besonders innovativen Lehrformaten. Im Interview berichten die verantwortlichen Mitarbeitenden des LLZ, Elisa Thieme und Benjamin Abicht, was die Idee hinter den Lernlaboren ist und welche Erfahrungen sie bisher damit gemacht haben.

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Transkript

Heute zum Telefoninterview bei e-teaching.org begrüße ich ganz herzlich Frau Elisa Thieme und Herrn Benjamin Abicht. Frau Thieme und Herr Abicht: Sie beide sind Mitarbeiter an der Universität Halle-Wittenberg am Zentrum für multimediales Lehren und Lernen (LLZ). Vielleicht könnten Sie uns zu Beginn erstmal kurz schildern, welche Aufgaben Sie dort haben und insbesondere interessiert uns, wie Sie die Lehrenden beim Einsatz von digitalen Medien in der Lehre unterstützen.

Frau Elisa Thieme: Genau, vielleicht fang ich als Erstes an. Ich bin ein bisschen außenstehend. Ich bin im Bereich Qualitätsentwicklung und -evaluation zuständig, das heißt ich beschäftige mich mit der Lehrveranstaltungsevaluation für multimediale Lehrveranstaltungen und ich bin unter anderem zuständig für Umfragen an der Universität im Bereich „E-Learning“ und auch für den Lehrpreis, den „@ward – Preis für multimediales Lehren und Lernen“, der jährlich an der der MLU vergeben wird. Genau.

Herr Benjamin Abicht: Bei mir ist es dann tatsächlich eher die Arbeit mit den Lehrenden. Also ich bin zuständig für die Beratung und die Betreuung der Lehrenden der MLU, eben hinsichtlich dem Einsatz multimedialer Lehre. Das bezieht sich auf „E-Klausuren“ oder „Blended-Learning“-Konzepte oder eben einfach auf die Anreicherung der Lehre mit multimedialen Mitteln.

Frau Thieme, Sie haben seit dem Wintersemester 2018/19 an der Universität Halle-Wittenberg sogenannte „Lernlabore“ eingerichtet. Was kann ich mir denn darunter vorstellen?

Frau Elisa Thieme: Also, im Allgemeinen ist es so, wenn es eine Erstkonzeption oder auch eine Weiterentwicklung von einer Lehrveranstaltung gibt, die einen besonderen, innovativen Ansatz verfolgt, dann unterstützen wir die Lehrenden sozusagen mit diesen sogenannten Lernlaboren. Das bedeutet, den Lehrenden wird eine wissenschaftliche Hilfskraft gestellt, die ihnen dabei hilft, diese Lehrveranstaltung weiterzuentwickeln oder eben auch durchzuführen. Und das ganze Projekt wird besonders in der Qualitätsentwicklung unterstützt, das heißt es werden im Laufe der Durchführung eine Reihe an Evaluationen durchgeführt, sowohl bei den Studierenden als auch bei den Lehrenden.

Das heißt, sowohl vor der Veranstaltung als auch währenddessen und danach finden Evaluationen statt, die sozusagen dabei helfen sollen, dass die Lehrenden ihre Lehre praktisch weiterentwickeln können. Nachdem die Studierenden befragt werden, bekommen die Lehrenden diese Ergebnisse und haben sozusagen damit die Chance, im Laufe des Semesters ihre Veranstaltung noch anzupassen oder eben auch auf Wünsche der Studierenden einzugehen. Das Ziel ist sozusagen, dass die Studierenden mitwirken können an dem Ganzen. Und abschließen tut das Ganze für uns mit einem Interview mit dem Lehrenden, was einfach dafür dient, dass wir als Zentrum versuchen, immer die Lehrenden weiterbilden zu können beziehungsweise zu wissen, was die Lehrenden brauchen, um ihre Lehre multimedial zu gestalten. Das heißt, dieses abschließende Interview am Ende des Semesters hilft uns als Zentrum sozusagen, die Wünsche und Bedürfnisse der Lehrenden zu verstehen. Das Ganze ist auch ein bisschen dafür da, um, ja, „Best Practice“-Beispiele zu finden und vielleicht auch publik zu machen und ein bisschen Sichtbarkeit zu schaffen für multimediale Lehre und eben besondere, innovative Konzepte.

Und wie werden denn die Lernlabore von den Lehrenden und auch den Studierenden angenommen?

Frau Elisa Thieme: Ja, auf jeden Fall sehr positiv. Also das war glaube ich für uns auch sehr überraschend. Die Studierenden freuen sich darüber, dass sie sozusagen teilhaben können, also dass die Lehre sozusagen ein bedeutender Punkt ist, dass sie mitbestimmen können und ihre Meinung sagen können, dass sie sich beteiligen können. Und für die Lehrenden selbst ist die Rückmeldung auch relativ positiv, eben, weil sie dieses direkte Feedback von den Studierenden bekommen. Und dadurch, dass sie selber an Evaluationen teilnehmen, haben sie so eine Art eigenes Feedback, also sie haben sozusagen eine eigene Reflexion und können das sozusagen wirklich dafür nutzen, das Ganze für sie weiterzuentwickeln. Und worüber sich die Lehrenden natürlich auch freuen – ist die Unterstützung durch eine wissenschaftliche Hilfskraft, was ihnen einfach Arbeit abnimmt beziehungsweise auch einfach Sachen ermöglicht, die sie alleine einfach nicht stemmen könnten.

Was da auch für uns interessant wäre: Welche Lehrenden erreichen Sie denn speziell jetzt mit dem Zentrum für multimediales Lehren und Lernen und auch mit so Angeboten, wie den Lernlaboren.? Gibt’s da irgendwelche Fachrichtungen oder spezielle Lehrende, die sich da zurückhalten oder besonders aktiv sind?

Frau Elisa Thieme: Also generell erreicht man erstmal alle Lehrenden, die grundlegendes Interesse an multimedialer Lehre mit sich bringen. Das LLZ an sich bietet ja eine ganze Reihe von Schulungen, Weiterbildungen an, unter anderem kann man ja sogar das Zertifikat erwerben für multimediale Lehre, das heißt sobald Lehrende innerhalb dieser Schule oder Weiterbildung sind oder eben auch durch die didaktische Beratung, die die Fachbereiche leisten, besteht sozusagen der Kontakt zu Lehrenden und darüber findet man die Lernlabore. Das, was wir in den letzten Jahren mitbekommen haben und was auch die Forschung am Institut bei uns selber so zeigt, ist, dass es vor allem um die intrinsische Motivation geht. Also, sobald die Lehrenden intrinsisch motiviert sind, kommen sie dazu, solche Projekte zu machen und damit erreicht man dann auch die Lehrenden, die die Lernlabore machen, weil es einfach Lehrende sind, die gerne ihre Lehre verbessern wollen und einfach grundlegendes Interesse daran haben. Man kann es zumindest bei uns nicht an irgendeiner Fachrichtung festmachen, also es gibt jetzt keine Fachrichtung, die da explizit irgendwie hervorsticht oder ja sozusagen sich als besonders erweist. Das ist mehr so eine individuelle Sache, wie die Lehrenden funktionieren und ticken und was sie halt machen wollen.

Und warum sind die Lernlabore ihrer Ansicht nach jetzt ein geeignetes Instrument zur digitalen Hochschulbildung für die Universität Halle-Wittenberg?

Frau Elisa Thieme: Naja, ich würde sagen, sie sind Teil von einem größeren Blumenstrauß. Also das LLZ bietet wie gesagt eine Reihe von Maßnahmen an. Das eine oder das Standbein des LLZ ist auf jeden Fall die Beratung, die das LLZ bietet, also sozusagen der direkte Austausch mit den Lehrenden, wo sie sozusagen von uns Unterstützung bekommen. Dann die Weiterbildung, der Lehrpreis, den wir anbieten und auch die Lernlabore. Also es ist einfach ein Teil von Möglichkeiten, wo sich sozusagen jeder Lehrende in Anführungsstrichen „was aussuchen kann“, was zu ihm passt. Das ist einfach, ja, Teil des Blumenstraußes, würde ich sagen.

Okay. Und ergänzend einfach noch mit dabei, ja?

Frau Elisa Thieme: Genau.

Nun zu Ihnen, Herr Abicht. Sie haben eines der ersten Lehrkonzepte, welches im Rahmen dieser Lernlabore umgesetzt wurde – ein Twitter-Projekt, was wir auch bei uns im Portal vorstellen – begleitet, Sie und Ihre Kollegen waren da direkt beteiligt. Vielleicht können Sie an diesem Beispiel schildern, wie ich mir so eine Betreuung der Lehrenden da vorstellen kann?

Herr Benjamin Abicht: Also die Betreuung a) richtet sich natürlich immer ein bisschen danach, was es für ein Projekt ist, also wie viel können wir auch machen, wie viel können wir unterstützen. Bei dem Projekt war es so, dass der Lehrende schon mit der Idee, das über das soziale Netzwerk zu machen, zu uns kam und sich eben damit nicht auskannte. Also er hatte quasi die Idee, das zu machen und hat dann bei uns Unterstützung gesucht: Wie kann man das auch in die Lehrveranstaltung einbetten? Was muss man da beachten? Wie kann man die Studierenden auch so integrieren, dass für sie ein Mehrwert dabei herauskommt?

Und dann gibt es quasi ein Ersttreffen, wo der Lehrende uns erstmal erzählt, was seine Idee ist, was sein Konzept ist auch inhaltlich, weil wir natürlich nicht in jedem Seminar am Namen ablesen können, was darin genau behandelt wird und dann werden erstmal gemeinsam Ideen gesammelt: Wie kann man das so umsetzen? Was muss man beachten? Bei dem Treffen war das jetzt relativ früh, das heißt wir haben uns schon zwei, drei Monate vor Semesterstart das erste Mal getroffen, um darüber zu reden, was bei größeren Projekten auch notwendig ist, um eben wirklich an alles zu denken und genug Zeit zu haben, das auch zu durchdenken eben. Genau, umso näher man dann an das Semester rankommt, umso häufiger werden die Termine, um eben die letzten Maßnahmen nochmal durchzusprechen, um zu gucken: Funktioniert das so, wie wir uns das ausgedacht haben gemeinsam?

Und bei dem Twitter-Projekt gings vor allem wie gesagt um eine Feinjustierung, das heißt wir haben mit dem Lehrenden besprochen: Wie viel Tweets solls geben? Welche Inhaltsarten? Was muss man beachten auch hinsichtlich des Medieneinsatzes, sodass es am Ende funktioniert? Ganz simple Sachen: Wie soll der Kanal heißen? Wer ist die Zielgruppe? Das sind also so Sachen, worüber sich jetzt ein Lehrender an einer Universität vielleicht nicht unbedingt Gedanken macht, aber wo wir dann eben das Knowhow mitbringen können, um da auszuhelfen.

Genau, und im Laufe des Semesters hat sich das dann ja so ein bisschen entwickelt und dann gibt’s eben auch Lehrende, die dann auch Interesse haben, das weiterzuentwickeln wie jetzt bei den Lernlaboren grundsätzlich gegeben und da kommen dann eben auch Ideen von uns. Beispielsweise, dass wir den Twitter-Kanal noch mit weiterführenden Informationten noch mit einem Blog erweitern. Und aus dem Seminar kam dann eben noch die Idee einen Podcast dazu zu machen, wo wir dann eben auch in dem Fall technisch unterstützen können. Wie kann man das umsetzen als Studierender auch mit relativ wenig Mitteln, die jetzt vielleicht nicht unbedingt irgendwelche teuren Aufnahmegeräte haben, um das umzusetzen. Genau, und das war dann, ist dann so der Prozess. Also vorher Vorbereitung und dann währenddessen eben noch Anpassung.

Das heißt also Sie arbeiten sehr, sehr eng mit den Lehrenden jeweils zusammen bei diesen Lernkonzepten innerhalb der Lernlabore?

Herr Benjamin Abicht: Genau, also das kommt ein bisschen drauf an, ob der Lehrende oder die Lehrende das auch möchte. Also die meisten sind sehr dankbar für unsere Unterstützung und dann arbeiten wir auch gern mit den Lehrenden zusammen, auch möglichst eng, um halt zu gucken: Was geht für uns? Es ist ja auch immer toll möglichst originelle Konzepte dann auch so auszubauen, dass sie auch gut funktionieren. Genau.

Frau Thieme und Herr Abicht, Sie beide haben im vergangenen Semester schon einige Erfahrungen mit den Lernlaboren sammeln können. Was ist jetzt so das Wichtigste, was Sie auf dem weiteren Weg mit den Lernlaboren für sich mitnehmen können?

Frau Elisa Thieme: Ich glaube die Haupterkenntnis, die man für sich gewonnen hat in dem letzten Semester mit den ersten Lernlaboren ist, dass jedes Lernlabor für sich ein eigenes Projekt ist, was eigenständige Wünsche hat, eigenständige Bedürfnisse hat, auf die man sich einstellt und somit auch Lernprozesse anstößt und einem Möglichkeiten aufzeigt. Ich für meinen Teil bin gespannt auf neue Konzepte, auf neue Ideen, die sozusagen mit dem Ganzen kommen und, ja, ich freue mich vor allem darauf, die multimediale Lehre ein bisschen sichtbarer zu gestalten und einfach Raum zu schaffen für Lehre.

Herr Benjamin Abicht: Genau, dem kann ich mich eigentlich nur anschließen. Also, die Lernlabore sind eben eine tolle Möglichkeit auch mal zu zeigen, was Lehre so sein kann, wie sie multimedial sein kann und vielleicht auch Inspiration zu wecken bei Lehrenden, die dem noch ein bisschen abgeneigter gegenüberstehen.

Genau, da bieten Sie also ein schönes Experimentierfeld quasi mit den Lernlaboren.

Frau Elisa Thieme: Sozusagen.

Ok. Super, dann vielen Dank für das aufschlussreiche Interview!