Konferenzbericht GMW2013

GMW2013: Neue Medien in Bildung und Forschung – Vision und Alltag – Zum Stand der Dinge

Die Skulptur Body of Knowledge ist ein
Wahrzeichen des Campus Westend der
Universität Frankfurt (CC-BY-SA | Dontworry).

Vom 2. bis 5. September 2013 fand an der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt die diesjährige Tagung der Gesellschaft für Medien in der Wissenschaft (GMW) statt. Unter ihrem mehrteiligen Titel gab sie nicht nur einen Überblick über „Vision und Alltag“ bzw. den „Stand der Dinge“ im Bereich E-Learning an Hochschulen. Ein Schwerpunkt lag auch auf dem Einsatz digitaler Medien in der Forschung, der im Zusammenhang mit E-Learning sonst leider oft viel zu wenig berücksichtigt wird – obwohl der Brückenschlag zwischen Forschung und Lehre ein wichtiges Element bei der Konsolidierung des Medieneinsatzes an Hochschulen in beiden Bereichen sein könnte.

So hob Prof. Lorna Huhges (Univ. of Wales) in ihrer Keynote hervor, dass digitale Medien die Forschung nicht nur unterstützen, sondern neue Forschungsmöglichkeiten eröffnen, auch in den Geisteswissenschaften. Anschauliche Beispiele dafür waren die Untersuchung mittelalterlicher Handschriften mithilfe von 3D-Bildgebungsmethoden oder die Massenauswertung von komplexen Dokumenten, die zu Erkenntnissen führen, die ohne derartige Verfahren nicht möglich wären. Zugleich werden Infrastrukturen geschaffen, um solche digitalen Ressourcen langfristig für Forschung und Lehre zugänglich zu machen, sowohl auf europäischer Ebene – etwa mit dem Projekt http://www.dariah.eu/ – als auch beispielsweise durch die Integration entsprechender Materialien auf dem Walisischen Schulserver. Dagegen erscheint der Alltag an deutschen Hochschulen ernüchternd, zumindest den Ergebnissen einer Erhebung zur Wissenskooperation und dem Einsatz von Social Media, die im Tagungstrack „neue Medien in Forschung und Lehre“ vorgestellt wurde. Aber auch in Deutschland ändern sich allmählich die Infrastrukturen nicht nur im Bereich von (wissenschaftlichen) Informationen, sondern auch in Bezug auf die Bereitstellung von offenen Bildungsressourcen (Open Educational Resources, OER), wie Prof. Dr. Marc Rittberger (Deutsches Institut für Internationale Pädagogische Forschung, DIPF) in seiner Keynote anhand verschiedener OER-Initiativen zeigte.

Doch wie nützlich sind digitale Medien eigentlich in Bezug auf den Lernerfolg? Ein Highlight der Tagung war der Vortrag von Rolf Schulmeister, der gewohnt kritisch danach fragte, warum beim Online-Lernen signifikant höhere Abbruchquoten verzeichnet werden als in Präsenzkursen. Dabei bezog er sich zum einen auf die Ergebnisse einer vergleichenden Metastudie zum Lernerfolg, zum anderen auf die Ergebnisse des ZEITLast-Projekts: Diese umfassende Untersuchung hatte zunächst keinen Zusammenhang zwischen Workload und Studienerfolg ergeben. Erst eine differenziertere Betrachtung zeigt den Einfluss von Faktoren wie unterschiedlichen Formen der Lernmotivation, des Lernverhaltens und der Lehrorganisation. Eigentlich keine überraschenden Ergebnisse – doch ist es wichtig, sich gerade auf einer E-Learning-Tagung bewusst zu machen, dass der Einsatz digitaler Medien kein Selbstzweck oder Allheilmittel ist und etwa auch zu mangelnder Konzentration oder zu Überforderung führen kann. Lernende benötigen „Online wie Offline“ Unterstützung bei der Gestaltung ihres Lernprozesses, z.B. durch die Gestaltung der Lernumgebung.

Dies trifft sicher insbesondere auch auf das Phänomen MOOC zu, das natürlich auch auf der GMW2013 diskutiert wurde. Die hohen Teilnehmerzahlen solcher „Massive Open Online Courses“ haben in den letzten Monaten zu einer weltweiten Aufmerksamkeit der Medien geführt; inzwischen werden aber auch die zugleich extrem hohen Abbruchquoten diskutiert. So prognostizierte Larry Johnson, Mitherausgeber des Horizon Reports, einer der weltweit renommiertesten E-Learning-Trendstudien, in einer Nebenbemerkung seiner Keynote diesem „Hype“ ein schnelles Verschwinden. Die von den großen xMOOC-Konsortien angebotenen Kurse, auf die er damit offensichtlich angespielte, standen auf der Tagung allerdings weniger im Fokus. Vielmehr wurden im MOOC-Track sowie und in mehreren Workshops weitgehende positive Erfahrungen insbesondere mit cMOOCs vorgestellt (z.B. dem OPCO12 und dem SOOC13). Ein Poster befasste sich unter dem Titel „Danke MOOC“ außerdem mit dem positiven Einfluss von MOOCs auf universitätsinterne Online Veranstaltungen. Thematisiert wurden darüber hinaus auch kritische Aspekte wie Geschäftsmodelle sowie die Qualität von MOOCs.

Weitere Tagungstracks behandelten u.a. die Themen Mobiles Lernen, den Einsatz neuer Medien in der Lehrerbildung sowie in der Studieneingangsphase und bei der Studienwahl, didaktische Konzepte von Lehrveranstaltungen und Lernplattformen. Den Best-Paper-Award erhielt der Beitrag über die ETH EduApp: Die an der ETH Zürich entwickelte App bietet nicht nur administrative Funktionen wie Lage- oder Veranstaltungspläne, die inzwischen an verschiedenen Hochschulen angeboten werden, sondern darüber hinaus auch didaktische Werkzeuge und Kommunikationselemente. Einen spannenden Einblick in aktuelle Entwicklungen der E-Learning-Praxis an Hochschulen und Universitäten gaben auch die fünfzehn Posterbeiträge, die zu fünf thematischen Gruppen zusammengestellt waren: E-Learning-Szenarien, mobile Mediennutzung, Online-Self-Assessment, E-Portfolio sowie Studien und Evaluationen. Viele Teilnehmende nutzten den (optionalen) Rundgang, um sich einen Überblick zu verschaffen und mit den Präsentierenden ins Gespräch zu kommen. Gleich zwei Beiträge – ein didaktisch und ein technisch ausgerichteter – wurden schließlich mit Best-Poster-Awards ausgezeichnet: Footprints of Emergence, eine an der FH Johanneum (Graz) seit 2012 eingesetzte, qualitative Evaluierungsmethode für Lehrsettings (weitere Informationen dazu hier), und die Mobler Cards-App, eine Microlearning-Anwendung, die Fragepools aus Lernmanagementsystemen als Lernobjekte verwendet.

Das bereits bei vergangenen GMW-Tagungen erprobte Format „EduCamp meets GMW“ fand in diesem Jahr erstmals nicht im Vorfeld der Tagung statt, sondern wurde in die Hauptkonferenz integriert: Der gesamte Mittwochnachmittag wurde im Stil eines EduCamps organisiert. Wie bei diesen „Unkonferenzen“ üblich konnten Interessierte bereits im Vorhinein auf der EduCamp-Webseite Themen eintragen, die sie gerne mit anderen diskutieren wollten; weitere Ideen kamen in der Einleitungsrunde spontan hinzu. Schließlich ging es in zwei jeweils ca. 45-minütigen Sessionrunden um ganz unterschiedliche Themen von Servicelearning über das Erstellen von E-Books mit dem Wiki-Tool Loop bis zur Metadaten-Analyse. Auch wenn einige Tagungsteilnehmende mit diesem „Nachwuchsformat“ noch etwas zu fremdeln schienen – die Anbieter der Sessions und viele Teilnehmende freuten sich über einen informativen und ergebnisreichen Austausch, so z.B. auch in der Doppelsession über Erfolgsfaktoren des Projekts L3T 2.0.

Zu der Tagung waren etwa 240 Personen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz angemeldet. Doch auch wer nicht vor Ort dabei sein konnte hat verschiedene Möglichkeiten, sich über die Tagung zu informieren: Alle eingereichten Beiträge (Fullpaper, Shortpaper, Workshops und Poster) sind im Tagungsband online frei zugänglich (wie inzwischen auch die meisten der zuletzt erschienenen Bände der GMW-Reihe des Waxmann-Verlags. Auch anhand von Videoaufzeichnungen kann man sich einen Eindruck von der Tagung machen: Nicht nur die Keynotes und Vorträge sondern auch weitere Impressionen wie die Vorstellungsrunde aller Tagungs-Teilnehmerinnen und -Teilnehmer im Educamp-Format anhand von jeweils drei Tags, Stimmen von Teilnehmenden und eine Zusammenfassung des Educamps sind bereits online.

Auch die nächste GMW-Tagung ist bereits angekündigt: Sie wird vom 1. bis 4. September 2014 auf dem erst vor einem Jahr neu eröffneten Campus der PH Zürich stattfinden.