Science 2.0 Conference

Am 25. und 26. März fand in Hamburg die zweite Science 2.0 Conference statt, die von Prof. Dr. Klaus Tochtermann, dem Sprecher des Leibniz-Forschungsverbundes Science 2.0., organisiert wurde – und sich in einigen Aspekten von den Tagungen unterschied, die Prof. Dr. Sonja Utz (Leibniz-Institut für Wissensmedien), sonst besucht. Für e-teaching.org hat sie ihre Eindrücke zusammengefasst.

Die Science 2.0 ist keine typische Forschungskonferenz, auf der die Teilnehmenden ihre neuesten Studien vorstellen. Dementsprechend gab es auch keinen Call for Papers, sondern nur eingeladene Vorträge. Inwieweit das zu einer Konferenz passt, bei der doch Open Access und Transparenz im Zentrum stehen, wurde zumindest in einer interaktiven Session zur Zukunft des transdisziplinären Leibniz-Forschungsverbundes Science 2.0 und der Tagung diskutiert.

Wenn nicht primär um Forschungsergebnisse, worum ging es dann? Um die Frage, wie sich Wissenschaft durch Social Media und neue Technologien verändern wird. Eine zentrale Rolle spielen dabei Schlagworte wie Open Science – Open Access im Zusammenhang mit Publikationen, Open Data und mehr Zusammenarbeit zwischen Wissenschaftler/innen. Daneben steht die Frage im Vordergrund, wie aus den vorhandenen Datenmengen neue (sinnvolle) Indikatoren gebildet werden können. Schlagworte hierzu sind Big Data – Datenmengen, die zu groß sind, um sie mit klassischen Methoden auszuwerten –, Altmetrics – „Alternative Metrics“, d.h. alternative Methoden zur traditionellen Messung des Einflusses bzw. „Impact Factors“ wissenschaftlicher Publikationen, bei denen z.B. auch die Rezeption in sozialen Medien einbe-zogen wird – und Quantified Self, also Methoden und Werkzeuge zur Aufzeichnung und Auswertung personenbezogener Daten, also in diesem Fall Anzahl von Publikationen, Downloads, Zitationen usw. auf Forscherebene.

Nicht zuletzt geht es auch um die Politik – sehr interessant war z.B. der Vortrag von Dr. Jean Claude Burgelman von der Europäischen Kommission in Brüssel. Denn die EU-Kommission setzt ja durch ihre Ausschreibungen Schwerpunkte oder forciert Entwicklungen, z.B. durch die Verpflichtung zu Open-Access-Publikationen. Es war aufschlussreich zu hören, dass diese Entscheidungen nicht einfach top-down gefällt, sondern auch bottom-up beeinflusst werden. So stellte Burgelman die Ergebnisse einer offenen Befragung von Stakeholdern vor, bei der sich z.B. herauskristallisierte, dass Citizen Science – die Beteiligung von interessierten Bürgern an wissenschaftlichen Projekten – noch kaum als Teil von Open Science wahrgenommen wird. Während die meisten höhere Reliabilität und Effizienz von Forschung erwarten, werden doch noch Barrieren in der mangelnden Qualitätskontrolle oder dem Fehlen von Anreizen gesehen. Die EU-Kommission arbeitet an der Entwicklung von Guidelines und einer Infrastruktur für eine European Research Cloud.

Zum Thema Altmetrics und neue Publikationsmodelle gab es mehrere Vorträge. Prof. Geoffrey Rockwell gab einen sehr interessanten Einblick, wie Crowdfunding und Citizen Science in den Geisteswissenschaften genutzt werden könnten. Auch die rechtliche Perspektive wurde be-leuchtet. Im engeren Sinne wissenschaftliche Beiträge waren dagegen in der Unterzahl – die Ergebnisse der Forschungsprojekte des Forschungsverbunds wurden in eine Session mit drei-minütigen Lightning Talks und einem anschließenden Poster-Cafe gepresst.

Fazit: Die Tagung bot die Gelegenheit, über die Entwicklungen der Wissenschaft zu reflektie-ren – wofür im normalen Arbeitsalltag oft die Zeit fehlt (und wofür die Location einen unge-wohnten Rahmen bot – die Veranstaltung fand nicht in einem Universitätsgebäude sondern im schicken Empire Riverside Hotel statt und bestach durch reichhaltiges und exzellentes Essen). Wer vor allem Ergebnisse empirischer Studien und forschungsbezogene Diskussionen erwartet hatte, wird allerdings etwas enttäuscht sein.

Programm, Slides und Videos der Vorträge: http://www.science20-conference.eu/programme/