Digitalisierung als Medium und Gegenstand im Lehramtsstudium – Erfahrungen von Studierenden

Im Podcast sprechen Jessica Bau und Michel Le aus dem Forschungs- und Entwicklungsprojekt UDIN mit den Lehramtsstudierenden André Altenbeck, Melih Ermis, Dennis Golus, Anna-Lena Oltersdorf-Mansour, Patricia Rau und Mike Schriever. Im ersten Teil geht es um Chancen und Herausforderungen der Lehre auf Distanz und ihre Erfahrungen mit dem Einsatz verschiedener digitaler Tools. Im zweiten Teil (ab Minute 15:40) reflektieren die Studierenden ihre Kooperation mit den beteiligten Lehrkräften an den Schulen.

interview 2022 jbau et al udin.mp3

Transkript

Anmerkung: Das Projekt UDIN (Unterrichtsentwicklung in der Sekundarstufe I digital und inklusiv in Research Learning Communities) entwickelt und erprobt digitale und inklusive Lernarrangements für Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe I (Racherbäumer et al. 2020, Breiwe 2021). Es ist ein Verbundprojekt der Universitäten Duisburg-Essen und Siegen und wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (FKZ 01JD1909A/B) gefördert.

Jessica Bau: Ja noch einmal herzlich willkommen an Sie alle. Ich finde es ja total klasse, dass Sie nach offiziellem Seminarabschluss heute trotzdem nochmal gekommen sind, um gemeinsam mit uns einen Podcast für das Themen-Special Qualität in der Hochschullehre mit digitalen Medien - definieren, messen, weiterentwickeln auf e-teaching.org aufzunehmen.

Wir werden uns über ein paar ganz spannende Themen unterhalten, die im Uni-Alltag vielleicht auch eher untergehen. Und wir sprechen über Digitalisierung als Medium und Gegenstand im Lehramtstudium, über Lehre auf Distanz und den Einsatz digitaler Lehrmaterialien in Ihrem Studium, aber natürlich auch über die Erfahrungen, die sie in ihrem digitalisierungsbezogenen Theorie-Praxisprojekt gewonnen haben, das an das Forschungsprojekt UDIN angebunden ist. Im Projekt UDIN haben sie ja gemeinsam mit Lehrkräften aus der Schulpraxis digitale Lernarrangements für Schülerinnen und Schüler erstellt.

Damit unsere Hörerinnen und Hörer aber wissen, mit wem sie es überhaupt zu tun haben, stelle ich die anwesenden Personen kurz vor und beginne am besten direkt mit mir. Mein Name ist Jessica Bau, ich bin wissenschaftliche Mitarbeiterin in der AG Bildungsforschung an der Universität Duisburg-Essen und Projektkoordinatorin im genannten Projekt und habe in diesem Semester im Theoriepraxisprojekt gelehrt, dass die anwesenden Studierenden belegt haben. Ja, für die Aufnahme habe ich mir außerdem Unterstützung durch meinen Kollegen Michel Le geholt, der ebenfalls im Projekt tätig ist und selbst auch vor noch gar nicht allzu langer Zeit sein Lehramtsstudium an der Universität Duisburg-Essen beendet hat. Wir sind also die Gastgeber dieses kleinen Podcasts und sprechen mit sechs Studierenden, die alle Lehramt für Haupt-, Real- und Gesamtschulen studieren und das sind in alphabetischer Reihenfolge André Altenbeck mit der Fächerkombination Deutsch und Geschichte; Melih Ermis, Englisch und Bio; Dennis Golus, Sport und Biologie; Anna-Lena Oltersdorf-Mansour mit der Fächerkombination Englisch und Geschichte; Patricia Rau mit Deutsch, Sozialwissenschaften und Sport und Mike Schriever mit den Fächern Mathematik und Sport. Herzlich willkommen.

Sie stehen ja jetzt alle mehr oder weniger am Ende ihres Studiums und haben vermutlich pandemiebedingt verstärkt in den letzten Jahren auch einiges an Onlinelehre mitbekommen. Da die Frage an Sie, wie erleben Sie denn Lehre auf Distanz? Gibt es da Chancen oder auch Herausforderungen, die Sie sehen im Vergleich vielleicht auch zur Präsenzlehre?

Mike Schriever: Da kann ich ja mal was dazu sagen. Also meiner Meinung nach ist es so ein zweigleisiges Schwert. Man hat natürlich auf der einen Seite die Chancen, dass man beispielsweise flexibler ist, sich die Zeit besser einteilen kann zu Hause grade bei Abgaben oder Sonstigem diesen Weg nicht zur Uni zu müssen, aber auf der anderen Seite ist natürlich auch diese Herausforderungen gegeben, dass man die sozialen Aspekte beachten muss. Man hat sich teilweise in dieser Coronapandemie zwei Jahre fast gar nicht gesehen und ich glaube auch gerade die Erstsemester haben damit gravierende Probleme gehabt, beispielsweise Kontakte zu knüpfen.

André Altenbeck: Ja, daran schließe ich gerne an. Ich habe das ganz ähnlich erlebt auf der einen Seite hat die Lehre auf Distanz mir ermöglicht, mein Studium unglaublich effizient und damit am Ende für mich auch kostengünstig zu gestalten, weil ich eben keine Fahrzeiten zum Campus hatte. Ich konnte in Lehrzeiten, die ich sonst in der Cafeteria verbracht hätte, mir noch mal eine Vorlesung angucken. Und damit jetzt beispielsweise mein Master von vier Semestern auf drei Semester verkürzen. Das ist für mich ein halbes Jahr gewonnene Zeit. Und das sehe ich definitiv als Pluspunkt. Auf der anderen Seite habe ich aber auch in den grade in den Bachelor-Veranstaltungen, in die ich am Anfang noch musste gesehen, dass auch viele echt überfordert waren, damit sich ganz alleine organisieren zu müssen und auch jetzt mit diesen vielen, vielen digitalen Systeme, ob das jetzt Konferenzsysteme waren, ob das irgendwelche Kollaborationslösungen waren, waren viele echt überfordert und da habe ich schon das Gefühl gehabt, dass da der ein oder andere vielleicht auch verloren gegangen ist und das wäre wahrscheinlich nicht passiert, wenn man sich regelmäßig gesehen hätte. Also ich sehe das ganz ähnlich wie Herr Schriever, es hat zwei Seiten und kommt sehr drauf an, in welcher Situation man darauf trifft und welche Erfahrungen man vielleicht schon mitbringt.

Patricia Rau: Daran anschließend kann ich vielleicht sagen, dass ich also dieses sehr effiziente Studieren habe ich auch mitbekommen bei anderen Studierenden. Aber vor allem auch bei den jüngeren Studierenden, die jetzt gerade erst angefangen haben, die haben dann ihr Studium so massiv gekürzt, dass sie halt einfach viel zu früh in meinen Augen fertig geworden sind und das ist, dann - würde ich für mich sagen - halt auch eher einen Minuspunkt, denn Studieren ist ja auch nicht nur das Lernen und das Arbeiten schreiben und das studieren so im theoretischen Sinne, sondern da gehört ja auch viel mehr dazu, also neue Bekanntschaften machen, über Privates sprechen, sich vielleicht im Seminar selbst auch zwischendurch mal austauschen, tuscheln, quatschen und das fällt natürlich alles weg und klar gibt es in der digitalen Lehre die Breakout-Rooms, aber da wird man halt irgendwie gezwungen, unter Zeitdruck jetzt über ein bestimmtes Thema zu sprechen und das ist natürlich was ganz anderes, als wenn das im Fluss mit aufkommt und man dann halt irgendwie so ein bisschen freier diskutieren kann.

Melih Ermis: Als Vorteil kann ich aber auch weitergeben, dass man sozusagen seine Kenntnisse, was digitale Medien und so weiter angeht, ausbauen musste und dass das uns und jetzt allen anderen Lehrkräften und Studenten jetzt zugutekommen wird, falls es zu einer ähnlichen Situation kommt oder auch ohne, weil diese digitalen Medien und Werkzeuge sind ja auch hilfreich während des Präsenzunterrichts.

Anna-Lena Oltersdorf-Mansour: Ja genau, also ich kann mich da eigentlich nur anschließen, was schon gesagt worden ist. Also gerade für mich war's auch sehr schwierig mit den Kontakten und mit diesem sozialen Aspekt, weil ich halt die Universität gewechselt habe und bis heute kenne ich kaum jemanden an der Uni essen, weil es auch wirklich so ist, dass man ja zum größten Teil auch anonym unterwegs ist, weil die meisten Leute ja die Kamera auch aushaben, wenn Veranstaltungen sind und das finde ich halt sehr schade, aber auch sehr schwierig. Und was ich auch sehr schade finde, ist, dass man kaum eine Möglichkeit hat, spontane Rückfragen zu stellen, egal ob es bei dem Dozenten ist oder bei bei Kommilitoninnen oder Kommilitonen, manchmal kennt man die Namen auch gar nicht und das fand ich ein großes Problem. Und ja die Vorteile, die sind alle schon genannt worden, die zeitliche Flexibilität, aber hier muss man auch dazu sagen, dass die Motivation dann auch ein großes Thema ist, weil dadurch, dass man zuhause ist, glaube ich, ist es auch manchmal schwierig, sich zu motivieren, aber trotzdem finde ich, dass die Vorteile doch auch für mich überwogen haben.

Jessica Bau: Ja, das heißt, es gibt eine ganze Reihe an Vorteilen, es gibt aber auch einige Nachteile, die sich vor allem auch so auf den sozialen Austausch beziehen ich knüpfe vielleicht nochmal daran, was der Herr Ermis eben sagte. Sie haben auch eine ganze Reihe an neuen Werkzeugen kennengelernt, an digitalen Tools. Wenn Sie da vielleicht nochmal an die Zeit vor der Pandemie zurückdenken, welche digitalen Apps und Tools zum Lehren und Lernen kannten Sie denn bereits aus ihren Lehrveranstaltungen und welche haben Sie dann auch erst jetzt im Masterstudium zu Pandemiezeiten oder vielleicht auch erst durch das Projekt UDIN kennengelernt?

Anna-Lena Oltersdorf-Mansour: Also bei mir war's zum Beispiel so, ich kannte Moodle und von der anderen Universität kannte ich halt noch das Blackboard, was im Endeffekt so ähnlich ist wie Moodle. Aber so richtig gut informiert oder ausgekannt habe ich mich mit den ganzen Sachen nicht. Das war halt auch ein bisschen schwierig, weil man auch dann durch die Pandemie ein bisschen ins kalte Wasser geworfen worden ist. Also ich musste mich auch manchmal damit beschäftigen, wie ich was überhaupt mache. Zum Beispiel so was ganz sehr Rudimentäres wie bei PowerPoint, als ich eine besprochene PowerPoint-Präsentation abgeben musste und ich mir gedacht habe, okay drauf sprechen kriege ich noch hin, aber wie speichere ich das jetzt, dass der Dozent das dann halt auch so schön, wie ich mir das vorgestellt habe, er sich anhören kann. Da war ich also glaube ich länger damit beschäftigt, herauszufinden, wie das funktioniert als ich wirklich für die Präsentation gebraucht habe und das sind dann halt schon so Sachen, wo man sich natürlich denkt, gut, dass man das mal gemacht hat, eigentlich.

Melih Ermis: Also ich kann dazu sagen, dass ich viele oder den größten Teil meiner Kenntnisse erst nach der Pandemie beziehungsweise im Masterstudium kennengelernt habe. Also als die Pandemie genau eingetreten war, war ich Vertretungslehrer an der Grundschule. Und dort wurden wir halt gezwungen uns mit dem Kollegium auszutauschen, welches Online-Meeting-Tool, was man benutzen kann zum Hochladen und man hatte natürlich ein paar Erfahrungen vorher, aber der wirkliche Transfer und die Anwendung fand dann halt während der Pandemie statt. Und ich kann auch sagen, dass ich sehr viel im Master dazu gelernt habe, also so was wie Miro, Padlet, Moodle kannte man natürlich vorher schon, aber diese Onlinetools kamen viele im Master bei mir zum Einsatz auf jeden Fall. Wir haben auch im Master einen Kurs gehabt, wo man mit HTML Webseiten erstellt hat. Und die Sachen kamen bei mir auf jeden Fall durch die Pandemie, durch den Master am meisten, also dort habe ich am meisten gelernt, würde ich sagen.

Patricia Rau: Genau das ist halt jetzt die Frage, ob das am Master liegt oder an der Pandemie, weil wir haben natürlich schon einen größeren pädagogischen Schwerpunkt jetzt im Master, als im Bachelor. Deswegen könnte ich mir vorstellen oder ich hoffe es auch ein bisschen, dass wir das auch so ohne die Pandemie beigebracht bekommen hätten, aber natürlich wurden wir durch die Pandemie eher dazu gezwungen, das dann auch wirklich zu nutzen und man hat dann natürlich auch die Nachteile, so wie natürlich auch die Vorteile der digitalen Mittel mitbekommen. Big Blue Button zum Beispiel, im Gegensatz zum Zoom hat sich ja dann irgendwie als nicht so ergiebig herausgestellt, also in anderen Augen. Ich kannte auch vorher eigentlich relativ viele digitale Tools, also Moodle, PowerPoint halt, Pingo haben wir auch mal benutzt, aber so richtig damit gearbeitet das kam halt dann erst im Master beziehungsweise halt mit der Pandemie. Da muss ich dir recht geben.

Mike Schriever: Also ich kann dazu auch noch was sagen. Bei mir ist es jetzt so gewesen, dass ich grundsätzlich nicht mit vielen digitalen Medien in Kontakt gekommen bin, bevor ich in den Master gekommen bin. Also grundsätzlich im Bachelor gab es natürlich jetzt insbesondere bei mir im Fach Mathematik den Schwerpunkt auf digitalen Medien beispielsweise mit der App Geogebra, die wird in der Mathematik sehr, sehr prägnant vorausgesetzt. Aber zum Beispiel ist mir das jetzt auch an der Schule aufgefallen, an der ich arbeite, dass im Fach Sport im Bezug auf das Distanzlernen sehr viel Nachholbedarf erfordert ist, weil es gibt kaum Lehrlehrerinnen oder Lehrer, die damit irgendwie mal in Verbindung gebracht wurden, dass die Digital-Sportunterricht durchführen mussten.  Aber auch andere Fächer. Man hat gemerkt, dass man im Laufe der Pandemie im Distanzlernen jetzt eben mit diesen digitalen Medien konfrontiert werden musste. Aber ich würde sagen, gerade im Master ist das jetzt natürlich, haben wir alle davon profitiert, aber ich weiß nicht, ob das auch so gewesen wäre, wenn diese Pandemie nicht vorhanden gewesen wäre.

Michel Le: Sie haben jetzt ganz viele Apps und Tools genannt. Gibt es darunter welche, die Sie für besonders didaktisch wertvoll halten, beziehungsweise zu denen Sie einem Hochschullehrenden raten würden?

Mike Schriever: Also ich beispielsweise oder wir haben ja in der Gruppe mit H5P gearbeitet. Das ist ein ganz besonderes Tool, was man zur eigenständigen Erkundung oder auch Erstellung von Unterrichtsmaterial nutzen kann eben mit interaktiven Phasen, die online sind, was sich super als Ergänzung zum Unterricht eignet. Ob das jetzt den Unterricht pauschal ersetzen könnte, ist so der das kann man nicht beantworten. Es ist aber auf jeden Fall eine große Unterstützung im Hinblick auf Nachhaltigkeit. Schulen können damit immer wieder arbeiten, wenn man ein bisschen Stellschrauben verstellt. Aber auch beispielsweise die Arbeit mit Padlet eignet sich natürlich hervorragend im Kontext der Schularbeit.

Jessica Bau: Jetzt sind Sie grad schon auf die Arbeit in der Schule eingegangen. Sind Sie H5P auch in ihrem Studium begegnet? Gab‘s da auch Hochschullehrende, die das eingesetzt haben?

Mike Schriever: Also grundsätzlich ja, also es gibt ja fast in jedem Moodle-Raum irgendwie Angebote zur Bearbeitung von Unterrichtsformaten oder Aufgabenformaten in Blöcken und da wird eigentlich fast immer mit H5P gearbeitet, also zumindest in den Seminaren, die ich bisher hatte. Und das ist natürlich auch super einfach umzusetzen, sage ich jetzt mal für die Studierenden, weil das relativ selbsterklärend ist und natürlich auch so, dass man nachhaltig was versteht und das auch abgespeichert wird.

Jessica Bau: Herr Ermis, Sie wollten grad auch noch was sagen.

Melih Ermis: Also ich bin persönlich dem Format H5P im Studium nicht begegnet, also nicht wie man es erstellt, aber ich kannte das zum Beispiel von der Website Sofatutor, die ich mehrfach im Unterricht benutzt habe. Weil das Format mit Videos und danach zum Beispiel die Quizfragen war schon bekannt aber wie ich das selber produziere habe ich jetzt wirklich zum ersten Mal gesehen. Noch hinzufügen, also ich fand Miro als Online-Whiteboard und das Padlet sehr, sehr effektiv im Distanzlehren auf jeden Fall und die habe ich auch am meisten verwendet.

André Altenbeck: Ja, da muss ich mich Herrn Ermis direkt anschließen. Ich bin auch ein riesen Miro-Fan,  ich habe damit in vielen Seminaren arbeiten dürfen und fand das immer eine prima Sache, ob es jetzt darum geht, sich noch mal auf eine Prüfung vorzubereiten, da Wissen zusammenzuschmeißen oder irgendwelche Planungen für Websites zu machen oder so, es ist total vielfältig, es läuft auf allen Geräten und ist - soweit ich weiß - auch fast in vollem Umfang kostenlos, also es gibt quasi keinen Grund das nicht zu benutzen. Ansonsten wäre mein Tipp an jeden, der an der Hochschule lehrt, viel intensiver darauf hinzuweisen, dass die Uni jede Menge richtig gute Software kostenlos anbietet. Also ich lerne in jedem Seminar, das ich habe, Studierende kennen, die nicht wissen, dass es das MS-Office-Paket kostenlos von der Uni zu nutzen gibt und die sich dann mit irgendwelchen Open-Office-Lösungen rumquälen. Da finde ich könnte man ganz leicht die die Lebensqualität von allen steigern, wenn man da ein bisschen mehr Werbung dafür macht und sagt Leute guckt mal auf die Seite vom ZIM, was es da alles Gutes für euch gibt, weil die Sachen sind großartig, sie sind äh richtig teuer, wenn man sie selber bezahlen muss und wenn das da ist, soll das bitte auch genutzt werden.

Jessica Bau: Ja, dann haben sie einige Dinge genannt. Ich glaube, dann machen wir weiter mit der nächsten Frage, oder?

Michel Le: Also eine Besonderheit des Seminars, das Sie bei Frau Bau belegt hatten, ist ja dass es an einem Forschungsprojekt angebunden ist, in dem Wissenschaftlerinnen, Lehrkräfte und Studierende wie Sie gemeinsam digitale Lernarrangements entwickeln. Der Start in die Zusammenarbeit und die erste Konzeption der Lernarrangements ist dabei ja ebenfalls online erfolgt. Wie haben Sie die digitale Zusammenarbeit mit den Lehrkräften erlebt?

Mike Schriever: Ja dann fange ich mal an. Also grundsätzlich kann man natürlich sagen, dass die Idee überhaupt erstmal online oder digitale Lernumgebungen zu gestalten natürlich sehr interessant ist für alle Beteiligten. Man kann daraus viel ableiten und lernen für die Zukunft. Was noch zu sagen ist, ist ganz klar die Kommunikation ist ganz wichtig bei diesem Unterfangen, also wenn nicht miteinander gesprochen wird, ist es sehr schwierig dahingehend etwas umzusetzen. Aus unserer Erfahrung können wir aber in der Gruppe sagen, dass sich unsere Lehrkräfte sehr offen und auch bereit erklärt haben uns zuzuhören, unsere Ideen umzusetzen, uns viel Freiraum gegeben haben, standen uns auch natürlich immer zur Seite, wenn wir Fragen hatten. Ich würde mir aber für die Zukunft beispielsweise wünschen, dass da mehr Verzahnung stattfindet, also dass die Lehrkräfte sich mehr dazu bereit erklären uns zu helfen, also beim Erstellen vielleicht noch mehr Aspekte mit einbeziehen, sodass wir jetzt sage ich jetzt mal, nicht als Alleinunterhalter dafür sorgen, dass dieses Konzept umgesetzt wird. Das ist jetzt aber nur die Perspektive unserer Gruppe gewesen.

Anna-Lena Oltersdorf-Mansour: Ich würde aber sagen, das ist bei uns auch ähnlich war. Also die Chancen ganz klar bei dem Projekt sehe ich halt, dass man mit erfahrenen Lehrkräften zusammenarbeitet und als Student eventuell noch eine andere Sichtweise hat, vielleicht noch ein bisschen frischer ist als die Lehrkraft, die die Möglichkeit hat neue Sachen zu lernen die sie vielleicht so auch nicht kannte, weil je nachdem, wie es auch im Kollegium aussieht, gibt's da vielleicht auch nicht die richtigen Ansprechpartner also da sehe ich halt eine große Chance, dass man da ja immer was Neues noch aufschnappen kann. Aber die Herausforderung sehe ich halt genauso wie bei Herrn Schriever in der Kommunikation und ja auch ganz klar darin, dass man sich gegenseitig - hört sich irgendwie doof an -aber so akzeptieren muss, wie man halt die Situation halt ist, weil ich denke, viele von uns haben jetzt halt gemerkt, dass grade jetzt in dem Abschnitt, wo wir uns befinden, die Lehrkräfte viel zu tun haben, egal ob es jetzt Abitur war oder irgendwelche anderen Prüfungen anstanden und es da dann schon schwierig ist eine Kommunikation aufzubauen, die es halt ermöglicht effektiv zu arbeiten, also dass man da vielleicht Verständnis hat und nochmal ein bisschen offener darüber spricht und eventuell sich Zeitpläne erstellt.

Jessica Bau: Ist das denn etwas, was jetzt durch das Digitale verstärkt wurde? Oder hätte es letztlich auch dann, wenn Sie sich getroffen hätten die gleichen Probleme gegeben?

Mike Schriever: Das ist eine gute Frage. Ich glaube, so pauschal kann man das gar nicht beantworten. Ich glaube schon, dass sich das durch diese digitale Kommunikation ergeben hat. Die Frage ist aber natürlich auch, ob die Lehrkräfte die Priorität gesehen hätten, wenn man sich in Präsenz getroffen hätte. Da muss man dann abschätzen, wie das ist. Das kann man natürlich jetzt nicht sagen, weil es eben nur online war. Aber ich kann mir schon vorstellen, dass es da einen Unterschied gegeben hätte, weil man sich automatisch dann sozusagen mehr darauf eingelassen hätte.

Anna-Lena Oltersdorf-Mansour: Obwohl andersrum gesehen muss ich sagen, bei Zwischenfragen ist natürlich das Onlineformat dann schon besser, weil jedes Mal, wenn ich eine Frage habe, dann schneie ich ja nicht in eine Schule rein und suche meine Lehrkraft und sage, ich habe jetzt eine neue Idee oder ich möchte noch was anderes machen. Ich denke, dass man das online ja dann auch gut machen kann, egal ob es per E-Mail ist oder andere Formate, die man nutzen kann, aber ich glaube, dass es - egal ob man jetzt nur Präsenz hat oder ob es nur online ist - Ich glaube, dass das Probleme sind, die immer auftreten können und die man halt auch nicht unbedingt vermeiden kann. Aber jetzt zu sagen, was jetzt besser ist oder nicht, das finde ich jetzt halt auch schwierig.

Jessica Bau: Muss ja auch nicht zwangsläufig ein Entweder-Oder sein. Vielleicht macht es dann auch wirklich die Mischung, ergänzt sich dann vielleicht ganz gut. Ja, wie haben Sie sonst die Zusammenarbeit erlebt? Hatten Sie so das Gefühl, dass wechselseitig auch ein Transfer von Wissen stattgefunden hat. Also sie sagten mir zum Teil, das Wort allein Unterhalter fiel eben zu Beginn, als wir drüber gesprochen haben. Also war es so, dass nur sie Ideen herangetragen haben und Ihr Wissen eingebracht haben oder war das schon, was dass Sie sich da auch ausgetauscht haben und dass Sie da auch von der Expertise der Lehrkräfte in der Gestaltung der Lernarrangements profitieren konnten?

Mike Schriever: Also man profitiert auf jeden Fall dahingehend davon, dass man die Umsetzungsmöglichkeiten der Schule erfährt. Also wie versucht welche Schule beispielsweise Sachen umzusetzen, welche Voraussetzungen gibt es dort? Was kann man beispielsweise von der Schule ableiten für seine eigene später im weiteren Verlauf. Aber die haben natürlich auch von uns profitiert, indem wir neue Eindrücke hineingebracht haben, wie beispielsweise eben H5P oder so, was vielleicht nicht alle Lehrkräfte vorher kannten und dahingehend profitieren natürlich beide Seiten von so einer Zusammenarbeit, wenn es richtig angestellt wird.

André Altenbeck: Ich würde auch sagen, es war ein Geben und Nehmen. Wir waren ja jetzt durchgehend mit Lehrkräften konfrontiert, die sich für Digitalität irgendwie interessieren, also die wurden ja nicht gezwungen bei diesem Projekt mitzumachen, sondern haben sich wahrscheinlich freiwillig dazu entschlossen. Das heißt, die waren natürlich auch motiviert, sich und ihren eigenen Unterricht wahrscheinlich auch ein Stück weit weiterzuentwickeln. Klar, wir sind diejenigen, die frischen Eindrücke von der Universität da mit reinbringen. Wir waren jetzt aber auch in der in der letzten Phase dieses Projekts in den Schulen teilweise ja auch und konnten sehen, was alles schon gemacht wurde und das war für mich jetzt sehr wertvoll zu sehen, wie haben denn die Leute, die vorher vor mir daran gearbeitet haben, das umgesetzt. Wie gehen denn Andere daran, was überlegen sich Andere für Lösungen? Das sind Einblicke, die kriege ich sonst nicht, weil ich ja nicht in den Unterricht von jemand anderes reingucken kann, wenn ich jetzt nicht zur Hospitation da bin. Aber diese Entwicklung auch über verschiedene Klassen hinweg jetzt im Falle der Lehrkraft, die ich begleiten durfte ist das quasi eine einmalige Chance, die man da bekommt etwas in der Form mal zu sehen und daran mitzuarbeiten und das fand ich schon eine gute Sache.

Jessica Bau: Ja, das freut mich, dass Sie aus dem Theoriepraxisprojekt für sich auch einiges mitgenommen haben. Ich sehe, es scheint soweit keine Ergänzung mehr zu geben. Dann bedanke ich mich herzlich, dass Sie Ihre Erfahrungen und Gedanken mit uns geteilt haben und ja, wünsche Ihnen schon mal viel Erfolg für die Zukunft.