Peer-Assessment

Prüfungsleistungen Studierender werden üblicherweise von Lehrenden und Tutoren nach bestimmten Kriterien bewertet, die für die Studierenden jedoch nicht immer nachvollziehbar sind. Häufig fehlen dafür eine individuelle Rückmeldung oder genauere Ausführungen zu den Bewertungskriterien. Studierende wollen und sollen jedoch nachvollziehen können, welche Bewertungskriterien der Notengebung zu Grunde liegen.

Rahmenbedingungen

Lernende benötigen eine Einführung in akademische Bewertungskriterien, um sie zu verstehen und um selbst qualifiziert Feedback geben zu können. Eine Möglichkeit ist eine einführende Diskussionssitzung. Zudem können Checklisten und Kriterienkataloge eingesetzt werden.

Lösung

Ein effektiver Weg um Studierenden zu ermöglichen, akademische Qualitätskriterien anzunehmen und gleichzeitig zu reflektieren, ist die Bewertung der Arbeiten ihrer Kommilitonen – das so genannte Peer-Assessment. Peer Reviews können formativen oder summativen Charakter haben und variieren in ihrer Komplexität: Von einmaligen Situationen, in denen Kommilitonen Beiträge Anderer kommentieren, bis zu anspruchsvollen Peer-Netzwerken, in denen verschiedene Artefakte und Medien ausgetauscht werden.

 

Details

In Anlehnung an Millard, Newman & Sinclair (2008) lassen sich folgende Formen des Peer-Assessment unterscheiden:

  • 1:1 Review : Die einfachste Form des Peer Review ist die dyadische Paarung von Autor und Gegenleser: Die Studierenden arbeiten in Zweiergruppen und korrigieren sich gegenseitig. Dieses Verfahren ist besonders für die formative Evaluation geeignet.
  • Review Zirkel : Die Studierenden werden in Gruppen eingeteilt. Jeder Teilnehmer bewertet und kommentiert die Arbeiten jedes anderen Gruppenmitglieds.
  • Gruppen Review : Studierende erarbeiten in einer Gruppe gemeinsam ein Produkt. Das kann beispielsweise eine Webseite, ein Podcast, ein Video oder auch ein Skript sein. Im Anschluss an die Produktionsphase bewertet jedes Gruppenmitglied den Prozess der Zusammenarbeit und das Endergebnis.
  • Komitee Review : Dieses Verfahren ist vielen Hochschullehrenden bekannt als das typische Vorgehen bei Konferenzen. Eine Gruppe von Reviewern begutachtet unabhängig voneinander ein Produkt. Insbesondere wenn Tutoren eingebunden werden und divergierende Urteile vom Dozierenden überprüft werden, kann dieses Verfahren auch für die summative Bewertung eingesetzt werden.
  • Ein verbreitetes Beispiel für Peer Assessment sind Tandems im Fremdsprachenunterricht. Weitere Informationen bietet die Vertiefung Tandem in Portalbereich Didaktisches Design.

Stolpersteine

Peer-Assessments sind zeit- und arbeitsaufwändig, da die notwendigen Bewertungskriterien gemeinsam erarbeitet oder zumindest an alle Beteiligten vermittelt werden müssen. Über die inhaltliche Erarbeitung des Stoffs müssen bei der Planung der Veranstaltung auch die Reflexions- und Diskussionsprozesse berücksichtigt werden. Zudem ist es für Studierende meist ungewohnt, ihre Kommilitonen zu beurteilen und von ihnen beurteilt zu werden. Diese Prozesse müssen in der Lehrveranstaltung thematisiert und begleitet werden. Dabei sind auch Feedback-Regeln hilfreich.

Vorteile

  • Akademische Bewertungskriterien werden für Studierende transparent und nachvollziehbar, indem sie sie selbst anwenden.
  • Die Studierenden setzen sich intensiv mit ihrer eigenen Arbeit und den Leistungen ihrer Kommilitonen auseinander. Sie lernen qualifiziertes Feedback zu geben, Kritik zu formulieren, andere Sichtweisen und Kritik anzunehmen und damit umzugehen.

Nachteile

Bei Bewertungen der Studierenden durch Kommilitonen können Akzeptanzprobleme entstehen.

Beispiele  

  • Im Projekt „Netzwerk Bildungswissenschaften” (NetBi), einem Verbundvorhaben von fünf Universitätsstandorten und dem Virtuellen Campus Rheinland-Pfalz (VCRP), wurden Peer-Assessments einer standortübergreifenden Großveranstaltung eingesetzt. Die Entwicklung und die notwendigen Anpassung des didaktischen Konzepts, ausgewählte didaktische und organisatorische Elemente sowie die hohe Relevanz eines veränderten Rollenverständnisses von Lehrenden und Lernenden werden durch Evaluationsergebnisse der Pilotphase bestätigt (vgl. Bogner 2009).
Letzte Änderung: 10.07.2017