„dghd digital“ – fünf Impressionen von der Hochschuldidaktik-Tagung
14.10.2016 | VeranstaltungshinweisVom 21. bis 23.09. fand die 45. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Hochschuldidaktik (dghd) an der Ruhr-Universität-Bochum statt. Sie stand unter dem Motto „Gelingende Lehre: erkennen, entwickeln, etablieren.“ Philip Meyer vom e-teaching.org-Team hat die Tagung besucht und fasst sie mit Fokus auf die Digitalisierung an Hochschulen kurz zusammen.
Dank einer eigenen Arbeitsgruppe „Digitale Medien und Hochschuldidaktik“ ist die Digitalisierung der Hochschulbildung auch in der dghd lange schon ein Thema. So möchte die Gesellschaft explizit Stellung zu Fragen von Bildung an Hochschulen in einer digitalen Gesellschaft nehmen – natürlich aus einer hochschuldidaktischen Perspektive. Was einen Besuch der Tagung für einen Mediendidaktiker besonders lohnenswert macht, ist die Gewissheit: wenn E-Learning-Themen von Hochschulpraktikerinnen und -praktikern in diesem Umfeld diskutiert werden, sind sie mit hoher Wahrscheinlichkeit im Hochschulleben angekommen – oder zumindest auf dem Weg dorthin.
Was wurde also diskutiert? Welche Erkenntnisse bleiben für die E-Learning-Forschung und -Entwicklung? Eine Zusammenfassung in fünf Punkten.
1. E-Learning kommt in den Disziplinen an ...nach und nach.
Teilweise wurden auf der dghd16 ganze Sessions einzelnen Disziplinen und ihrer fachbezogenen (Hochschul-)didaktik gewidmet. Das ist erfreulich, zeigt es doch, dass Hochschuldidaktik nicht mehr nur das Hoheitsgebiet der Pädagogik ist, sondern Disziplinen im Sinne eines Scholarships of Teaching and Learning auch aus Eigeninteresse beginnen, ihre Lehre zu erforschen und darüber zu berichten. Für die E-Learning-bezogenen Beiträge gilt dies ebenso. Der Input „Interaktive Online-Beispiele und -Aufgaben für Mathematik-Grundvorlesungen“ in der Session „Besser Mathematik lernen und verstehen“ ist nur eines der vielen Beispiele, in den Wissenschaftler/innen aus den Disziplinen über Medieneinsatz in ihrer Lehre berichten. Neben Ingenieuren/innen taten das unter anderem auch Mediziner/innen, Chemiker/innen und Sprachwissenschaftler/innen. Nicht selten ging es dabei um das Thema Lernen mit Videos.
Ebenfalls Ausdruck einer verstärkten disziplinären Auseinandersetzung ist die überregionale Vernetzung im Rahmen von Portalen, Pattern-Projekten und Plattformen. Gerade die Patterns sind nachwievor ein beliebtes Thema. Der Austausch zu Lehrthemen wird dabei insgesamt sichtbarer und zunehmend tragen dort Fachwissenschaftler/innen ihre Lehrerfahrungen bei und treten mit Vertretern/innen ihrer eigenen Disziplin oder interdisziplinär in Dialog.
2. Bei „virtuellen Lernumgebungen“ denkt keiner mehr an Second Life.
Eine Session der Tagung widmete sich dezidiert „virtuellen Lernumgebungen“. So manch einer erinnert sich da an 3D-Welten, in denen Studierende virtuelle Kursgruppen besuchen und sich per Avatar austauschen, wie das einst z.B. in Second Life der Fall war. Was für die Forschung interessant schien, hat sich in der Praxis anscheinend nicht bewährt. Hier werden virtuelle Umgebungen pragmatischer diskutiert. Vor allem die Ingenieurwissenschaften entdecken virtuelle und ferngesteuerte Labore als ein Mittel, um mehr Studierenden schon im Bachelor Praxiserfahrung zu ermöglichen. Auch Augmented-Reality-Szenarien sind hierbei ein Thema und werden beispielsweise genutzt, um das Bedienen von Maschinen anschaulich zu vermitteln, wie mehrere Vorträge und Diskussionsbeiträge zeigten.
3. E-Assessment stellt Hochschulen allerorts auf den Prüfstand.
In die Session zu den virtuellen Umgebungen hatte es auch das Thema „Learning Analytics“ geschafft, also die Nutzung von Daten, um Lern- und Prüfungsprozesse zu unterstützen. Das Phänomen wurde auf der dghd16 allerdings nur einführend angeschnitten und diskutiert: reale Anwendungsszenarien im deutschsprachigen Raum sind weiterhin Mangelware. Was hingegend von übergreifenden Interesse war, sind elektronische Assessments in formativer und summativer Form. Bei formativen Möglichkeiten wurden Peer-Feedbacksysteme und E-Portfolios (siehe Punkt vier) besonders häufig thematisiert und summativ ging es vor allem um prüfungsrechtliche Aspekte. Neben Systemen, die während des Studium zum Einsatz kommen, lieferten Projekte auch Online-Assessment-Lösungen für die Zeit vor dem Studium bzw. zu dessen Beginn. Ziel vieler Hochschulen ist es momentan, Studienabbruchquoten zu reduzieren und den Übergang zwischen Schule und Studium unter Zuhilfenahme digitaler Medien zu verbessern.
4. Digitale Portfolios sind ein Dauerbrenner, auf mehreren Ebenen.
Die (E-)Portfolio-Methode wird einerseits nach wie vor dafür genutzt, studentische Lernleistungen im Semester- oder Studienverlauf zu sammeln und einem formativen oder summativen Assment durch Lehrende und Tutorierende zugänglich zu machen. Gleich vier Hochschulen widmeten Beiträge diesem Thema (Hochschule München, Hochschule Ostwestfalen-Lippe, Universität Witten-Herdecke, Europa-Universität Viadrina). Andererseits wurde der Portfolio-Einsatz nicht nur als Inhalt hochschuldidaktischer Fortbildungen besprochen, sondern auch als Methode, um kontinuierliche Weiterbildung bei Hochschullehrenden zu erreichen und die kursübergreifende Zertifizierung zu unterstützen.
5. Keine Tabus: Effizienz und Effektivität sind Argumente.
Wie nutzt man in der Lehre seine Zeit? Welche Aktivitäten kann man kürzen, „digitalisieren“ oder gleich ganz weglassen? Vor allem während der inspirierenden Keynote "The Teaching Trick - How to improve student learning without spending more time teaching" von Professorin Kristina Edström aus Stockholm wurde deutlich, dass man diese Frage an Hochschulen stellen muss, will man genügend Zeit für Lehre und Forschung haben und ein Privatleben darüber hinaus. Für die Diskussion um digitale Medien hat die Frage eine besondere Bedeutung: die – berechtigte – Frage ist immer zunächst, wann digitale Medien tatsächlich zum besseren Lernen beitragen. Doch darüber hinaus, so wurde auf der dghd16 deutlich, ist es durchaus legitim, wenn argumentiert wird, dass digitale Medien in der Bildung, z.B. in Flipped- (ebenfalls ein großes Thema auf der Tagung!) oder Blended-Learning-Szenarien, dabei helfen, Lehrprozesse effizienter zu organisieren und einfach Zeit zu sparen.
Was sind Ihre Eindrücke von der #dghd16 in Bezug auf die Digitalisierung an Hochschulen? Teilen Sie diese mit uns im Kommentarbereich!
Dieser Konferenzbericht ist in der 40. Ausgabe des e-teaching.org-Newsletters erschienen. Newsletter herunterladen