Initialer Zündfunke für digitale Räume

Um Lernenden in hybriden Lehrveranstaltungen eine schnelle und effektive Bearbeitung der Aufgaben zu ermöglichen, sollten Anwendungen mit möglichst geringen Einstiegshürden ausgewählt werden. Indizien für solche Anwendungen sind unter anderem der Verzicht auf Benutzerkonten und Anmeldeprozesse sowie die automatisierte Einrichtung des digitalen Arbeitsbereichs mithilfe kontextgerechter Vorlagen.

Kontext

In hybriden Szenarien finden Lehrstunden, Lernphasen, Gruppenarbeiten und auch kurzfristige Ad-hoc-Aufgabenstellungen zu großen Teilen im digitalen Raum statt. Jede Veranstaltung ist dann mit der Nutzung, Einrichtung und Koordination verschiedener Anwendungen verbunden. Dabei sind unterschiedliche Erkennungsmerkmale und Zugriffsmethoden, Einstellungen sowie Anwendungselemente bzw. Funktionen für die aktuelle Situation auszuwählen. Zudem finden sich weitere Verwaltungsaktionen, wie die Einrichtung von Benutzerkonten oder die Einladung aller Teammitglieder und die Zuordnung ihrer Zugriffsrechte. Diese Einrichtungsschritte müssen meistens noch vor der eigentlichen Nutzung und Aufgabenbearbeitung vollzogen werden.

Problem

Ersteinrichtungen und zugehörige Eingaben aller Informationen erfordern Zeit, welche besser in die Nutzung der Anwendung bzw. in die Bearbeitung der Aufgabenstellung investiert werden sollte. Gerade in kurzfristigen und zeitlich begrenzten Szenarien ist es sehr unwahrscheinlich, dass ein digitaler Raum vollends ausgenutzt werden kann, wenn dessen Einrichtung eine lange Vorbereitungsphase erfordert.

Rahmenbedingungen

Einrichtungen digitaler Räume sind oft mit einer Reihe von Voraussetzungen verknüpft. Für die Nutzung eines Dienstes können dann unter anderem folgende Einrichtungsschritte notwendig sein:

  • Erstellung und Verknüpfung von Benutzerkonten
  • Eingabe privater Informationen bei der Kontoerstellung und anschließendes Warten auf eine Bestätigungsmail
  • Festlegung und Anpassung von Nutzer- und Raumeinstellungen
  • Wahl eines geeigneten Namens für den Arbeitsbereich und / oder teilnehmende Personen
  • Definition und Zuweisung von Zugriffsrechten
  • Erstellung verschiedener Unterräume für unterschiedliche Arbeitsschritte
  • Wahl benötigter / geeigneter Funktionen und Elemente für jeden Arbeitsschritt
  • Festlegung eines Ortes für die Speicherung von Ergebnissen

All dieser Aufwand hat nichts mit der eigentlichen Aufgabenbewältigung zu tun, sondern ist eine Hürde, die Lernende vor dem Einsatz einer Software nehmen müssen, selbst wenn diese Informationen erst zu einem späteren Zeitpunkt der Interaktion notwendig wären. Gerade bei der Nutzung digitaler Räume entsteht also ein hoher anfänglicher Verwaltungs- und Koordinierungsaufwand für Lernende, welcher sich mit jeder zusätzlichen Anwendung erhöht. In vielen Fällen sind diese Aufwände jedoch nicht notwendig, da nur einige Teilfunktionen der Anwendungen genutzt werden oder eine allgemeine Grundeinstellung ausreichen würde.

Lösung

Bei der Planung einer hybriden Lehrveranstaltung und der Auswahl technischer Hilfsmittel sollten Lehrende Anwendungen mit einem initialen Zündfunken präferieren. Als Zündfunken sind hier Mechanismen bezeichnet, welche die Einrichtung digitaler Arbeitsbereiche für Lernende vereinfachen, beschleunigen oder vollständig beseitigen, sodass diese möglichst schnell mit der Aufgabenbearbeitung beginnen können. Dazu gehören vor allem Mechanismen, die Lernende selbstständig nutzen können oder die automatisiert von der Anwendung bereitgestellt werden, beispielsweise der Verzicht auf Benutzerkonten und Anmeldeprozesse zugunsten zufällig generierter, jedoch einzigartiger Erkennungsmerkmale. Ebenso gibt es aber Mechanismen, die speziell vom Lehrpersonal für die Reduktion des Einrichtungsaufwands genutzt werden können, beispielsweise die Möglichkeit digitale Arbeitsbereiche für Lernende kontextgerecht vorzubereiten. Im Zentrum der Planung sollte dabei stets die Entlastung der Lernenden stehen, selbst wenn die jeweilige Maßnahme mit einem erhöhten Planungsaufwand für Lehrende verbunden ist.

Details

Finden sich für eine Lehrveranstaltung mehrere, alternative Anwendungen, sind solche mit einer möglichst kurzen Ersteinrichtung bzw. mit möglichst wenigen Starthürden zu bevorzugen. Es finden sich viele Mechanismen zur Verkürzung oder sogar vollständigen Beseitigung des anfänglichen Aufwands, von denen nicht alle genannt werden können. Für einen groben Überblick sind jedoch einige davon in der folgenden Auflistung kurz zusammengefasst:

Automatische Erstellung eines kontextgerechten Arbeitsbereichs

Anwendungen bieten oft einen großen Funktionsumfang und ermöglichen deshalb eine dynamische Auswahl und Zusammenstellung der Bestandteile des aktuellen Arbeitsbereichs. Zusätzlich bieten viele Anwendungen eine Auswahl verschiedener Vorlagen, also auf spezielle Anwendungsszenarien optimierte Kombinationen von Elementen, welche einen langwierigen Einrichtungsprozess beseitigen und die Erstellung somit stark beschleunigen. Da hierdurch eine Ad-hoc-Nutzung der Anwendung in Lehrveranstaltungen ermöglicht wird, lohnt es sich, diese Vorlagen bei der Veranstaltungsplanung und der Auswahl unterstützender Software zu berücksichtigen. Findet sich keine geeignete Vorlage, so können Lehrende häufig eigene Vorlagen erstellen oder bestehende anpassen. Lernende profitieren durch die Nutzung dieser Vorlagen, da sie sich vollständig auf die Aufgabe konzentrieren können und der Lehr- / Lernprozess nicht durch stetige Einrichtungen digitaler Arbeitsbereiche unterbrochen wird. Zudem wird ihnen von der Lehrperson ein optimaler Bearbeitungsweg aufgezeigt, was Fehlnutzungen und Missverständnisse reduziert, sowie eine bessere Kontrolle, Unterstützung und Steuerung des Lernprozesses ermöglicht.

Weitere Details sind auf der Seite Kontextgerechte Vorlagen verfügbar.

Anmeldedaten und Informationen des Benutzerkontos werden automatisch generiert

Die Nutzung einer Anwendung ist häufig mit der Erstellung eines Benutzerkontos sowie darauffolgenden Anmeldeprozessen verbunden. Diese stellen zusätzliche Arbeitsschritte dar, welche die eigentliche Bearbeitung der Aufgaben verzögern. Viele Anwendungen verzichten jedoch auf feste Benutzerkonten und verwenden stattdessen temporäre Konten, welche Nutzende automatisch erhalten. Dabei werden beitretenden Personen einzigartige Namen, Farben, Formen und / oder Bilder zugeordnet, über die eine eindeutige Identifizierung bereits möglich ist. Durch die automatisierte Kenntlichmachung jedes Teilnehmenden kann auch eine Zuordnung der Tätigkeiten und Ergebnisse innerhalb des digitalen Arbeitsbereichs erfolgen. Solche Platzhalter reichen also in den meisten Fällen aus, um mit der Aufgabenbearbeitung zu beginnen. Erst wenn weitere oder genauere Informationen benötigt sind, sollten diese von Nutzenden ergänzt werden.

Weitere Details hierzu sind auf der Seite Keine Anmeldung erforderlich verfügbar.

Einladungen zu dem digitalen Raum können ad hoc übermittelt und genutzt werden

In kollaborativen Tätigkeiten müssen alle Teilnehmenden Zugriff auf den geteilten, digitalen Arbeitsbereich erhalten. Häufig bieten Anwendungen die Möglichkeit, Teilnehmende einzeln per E-Mail einzuladen, was jedoch durch den damit verbundenen Zeitaufwand die eigentliche Arbeit stark verzögert. Für kurzfristige Zusammenarbeit sind zentrale Referenzen besser geeignet, welche an gemeinsamen, physischen oder digitalen Orten bereitgestellt und von jedem für einen Beitritt genutzt werden können. Solche Referenzen sind meist als einzigartige Identifikationsnummern, eindeutige Namen oder kurze URLs / Links umgesetzt, deren Verteilung über alle Kommunikationskanäle möglich ist. Die Vorteile physischer Nähe können hingegen über eine QR-Code-Verknüpfung am besten ausgenutzt werden. Durch QR-Codes als Referenz wird also ein selbstständiger Beitritt ermöglicht, ohne zuvor Kontaktdaten austauschen zu müssen. Weiterhin können auch Teilnehmende die Referenz weitergeben, um andere dynamisch einzuladen. Der Beitritt aller Mitglieder muss dadurch nicht ausführlich im Voraus geplant werden und kann bei Bedarf auch spontan erfolgen.

Weitere Details hierzu sind auf der Seite Umgekehrter Beitrittsmechanismus verfügbar.

Schnelle Speicherung und Fortführung des vorherigen Arbeitsstandes

In Lehrveranstaltungen werden häufig Online-Anwendungen eingesetzt, welche für eine Ad-hoc-Verwendbarkeit auf Benutzerkonten verzichten, wodurch allerdings die langfristige Speicherung, schnelle Verteilung und spätere Fortsetzung der Arbeitsergebnisse erschwert wird. Zwar lassen sich häufig entstandene Ergebnisse als fixe Dateien herunterladen (z.B. als Bild), jedoch können diese im Nachhinein nicht noch einmal angepasst werden. Ist eine Anpassung notwendig, müssen darin beinhaltet Elemente zunächst nachgebaut werden, was einen erheblichen Zusatzaufwand darstellt. Deshalb empfiehlt sich speziell die Nutzung von Online-Anwendungen, welche den aktuellen Zustand des Arbeitsbereichs vollständig in einer lokalen Projektdatei auf den Geräten der Nutzenden abgelegen können und zeitgleich das Hochladen dieser Dateien für eine automatische Rekonstruktion des Arbeitsbereichs gestatten. Hierdurch können Lernende ihren Lernprozess dynamisch gestalten und auch auf kurzfristige Kontextänderungen, wie beispielsweise notwendige Ortswechsel reagieren. Inhalte können auf unbestimmte Dauer gesichert und Fehler jederzeit korrigiert werden. Lernende erhalten die Möglichkeit, Arbeitsbereiche schnell zu duplizieren und sie über jeden Kommunikationskanal auszutauschen.

Weitere Details hierzu sind auf der Seite Lokale Sicherungskopie verfügbar.

Stolpersteine

  • Allgemein ist zu beachten, dass diese Zündfunken eine Einrichtung für Lernende übernehmen, für sie der Einrichtungsprozess also unbemerkt und häufig ohne Einflussmöglichkeiten stattfindet. Die Nutzung einer vordefinierten Grundeinrichtung kann jedoch zu allgemein und nicht zielgerichtet genug für einige Lernende sein, da auf spezielle Präferenzen, Vorerfahrungen und Lernbedürfnisse nicht eingegangen wird. Hierdurch könnte die Software mehr bei der Aufgabenbearbeitung hindern, als diese zu unterstützen. Es sollte also darauf geachtet werden, dass die gewählte Anwendung auch Lernenden eine Anpassung des Arbeitsbereichs zu jeder Zeit ermöglicht, sodass diese auf akute Anforderungen reagieren können. Als Lehrperson ist es zudem wichtig, diese Möglichkeit besonders hervorzuheben und anzusprechen, da sie ansonsten unbemerkt bleiben kann.
  • Automatische Namen können in einigen Fällen sinnvoll sein, in anderen jedoch unpassend. In großen Gruppen sind diese Zufallsnamen beispielsweise schlechter den reellen Individuen zuordenbar, wodurch Missverständnisse oder Koordinationsschwierigkeiten entstehen können. Zudem kann für Benotungen oder allgemeine Bewertungen des Arbeitsprozesses eine direkte Zuordenbarkeit von Leistungen notwendig sein, welche durch abstrakte Namensgebungen erschwert ist. In solchen Fällen sollte ein direkter Austausch der Namen angestoßen werden.

Vorteile

  • Der Aufwand für das Erstellen und Verlassen eines solchen Arbeitsbereichs wird vollständig von der Software und den Lehrenden übernommen, sodass sich Lernende nicht auf die Einrichtung konzentrieren müssen und sofort mit der Arbeit beginnen können.
  • Lernende können ihren Arbeitsbereich immer noch anpassen, aber nur zu den Zeiten, in denen sie es wirklich brauchen.
  • Die Einrichtung eines ständigen Kontos ist nicht zwingend erforderlich, sodass keine persönlichen Daten preisgegeben werden müssen. Die Möglichkeit solcher Benutzerkonten ist jedoch nicht vollständig ausgeschlossen, sodass weitere, spezielle Funktionen darüber angeboten werden können.

Nachteile

  • Lernende bemerken möglicherweise nicht, dass es Anpassungsmöglichkeiten gibt, wenn ihnen der ganze Einrichtungsprozess abgenommen wird. Arbeitsbereiche bleiben dann abseits der gewählten Grundeinstellungen unkonfiguriert und werden spezifischeren Anforderungen nicht immer gerecht.

Beispiele

Es gibt eine Reihe von Tools für die Zusammenarbeit und die gemeinsame Nutzung von Dateien, welche diese Funktionen nutzen. Padlet ist ein solches Tool. Bei der Erstellung eines Raums wird Nutzenden eine kleine Auswahl häufiger Anwendungsfälle präsentiert. Abhängig von der Auswahl generiert Padlet automatisch einen darauf abgestimmten Raum, mitsamt den notwendigen Grundelementen, dem Titel und Untertitel, einem Hintergrundbild und Farbschema, sowie vielen weiteren Voreinstellungen. Es kann sofort in einer dynamischen und vielfältigen Umgebung mit der Arbeit begonnen werden, welche zudem Innovation und Kreativität fördert. Auf die gleiche Weise bietet auch Google Docs zahlreiche Vorlagen bei der Dokumenterstellung oder Formatierung einzelner Unterbereiche. Zudem erstellt es automatisch Beitrittsmechanismen und weist neuen Teilnehmenden, die nicht angemeldet sind, generische Namen zu. So können diese an der Bearbeitung teilnehmen, auch wenn sie kein eigenes Konto besitzen.

Ähnlich agiert auch Miro, eine Webseite, welche ein digitales Whiteboard darstellt und häufig für kollaborative Brainstorming-Prozesse eingesetzt wird. Auch hier werden bei der Erstellung eines Arbeitsbereichs unterschiedliche Vorlagen angeboten. Zudem wird ein Link als Beitrittsmöglichkeit zum Arbeitsbereich generiert, welcher mit unterschiedlichen Rechten verbunden und lediglich an zukünftige Teilnehmende gesendet werden muss. Diese können auch ohne Account teilnehmen, erhalten dann jedoch einen automatischen Namen und eine repräsentative Farbe, über welche alle Aktionen den jeweiligen Personen zugeordnet werden können. Ebenso ist für die Open-Source Whiteboard-Anwendung Excalidraw kein Benutzerkonto notwendig und Teilnehmenden wird eine eigene Farbe zugeordnet. Für die Verteilung wird eine zentrale und automatisch generierte URL angeboten, welche Teilnehmenden den selbständigen Beitritt gestattet. Zudem ist die Speicherung der Projekte in lokalen Dateien möglich, welche an Lernende übermittelt und erneut in der Anwendung geöffnet werden können.

Es gibt auch Plattformen für die gemeinsame Nutzung von Code und die Zusammenarbeit von Entwicklern, die diesen Ansatz verwenden, wie beispielsweise GitHub. Bei der Erstellung eines Arbeitsbereichs für kollaborative Tätigkeiten können Nutzende entscheiden, ob dieser leer oder bereits mit einigen Dateien gefüllt sein soll. Dazu gehören Readme-Dokumente, also Textdateien mit den wichtigsten Informationen über den Arbeitsbereich bzw. das Projekt sowie Nutzungslizenzen. Wird die zweite Einrichtungsmethode gewählt, sind alle benötigten Dateien automatisch vorhanden und eine Verbindung zwischen dem lokalen Computer und dem Online-Arbeitsbereich kann sofort hergestellt werden. Ansonsten wären hierfür weitere Einrichtungsschritte notwendig.

Andere Entwickler-Tools, die von einem initialen Zündfunken abhängen, sind solche, die eine Abstraktion für die Erstellung und Konfiguration neuer Projekte schaffen. Diese Konfigurationen bestehen normalerweise aus mehreren Schritten, wie dem Erstellen einer Ordnerstruktur, dem Erstellen von Dateien, dem Bereitstellen von Einstellungen, dem Herunterladen benötigter Module und dem Anbieten einer ersten lauffähigen Grundstruktur von Programmcode. Clients (CLIs) wie die Vue-CLI erleichtern diese Einrichtung. Sie fragen nach spezifischen Modulen, die in einem Projekt benötigt werden und verwenden allgemein anerkannte Verfahren sowie bewährte Praktiken, um alle Bestandteile in Sekundenschnelle automatisch zu erstellen, sodass sofort mit der Programmierung begonnen werden kann. Auf eine ähnliche Weise bieten Anwendungen, welche bei der Erstellung von Steuererklärungen unterstützen sollen, viele automatisierte Hilfestellungen. Zu Beginn erfragen diese einige Informationen bezüglich des Lebens und Kontextes einer Person. Daraus können dann benötigte Dokumente abgeleitet werden, um diese dann mit vorherigen Versionen abzugleichen und Felder mit geeigneten Vorauswahlen auszufüllen.